Schützenhöfer: „Die richten jetzt die Kanonen auf mich“

Hermann Schützenhöfer über konservative „Hardliner“, die Gesamtschule und Arnold Schwarzenegger.

Die Presse: Unter ÖVP-Politikern ist ein regelrechter Modernitäts-Wettbewerb ausgebrochen: Von Ministerin Kdolsky, die die Gleichstellung homosexueller Paare propagiert bis zu Minister Bartenstein, der mehr Kinderbetreuungsplätze wünscht. Wie progressiv darf eine konservative Partei denn sein?

Schützenhöfer: Vor dem 1. Oktober des Vorjahres haben wir praktisch alle still zu halten gehabt, jetzt entsteht allerdings bald ein Gemüsegarten. Mich stören da auch manche Äußerungen, denn man darf Werte und Wertmaßstäbe zwar hinterfragen, aber man darf sie nicht an der Garderobe abgeben. Ich meine aber: Gerade weil wir christlich-soziale Werte haben, aber auch das liberale Pflänzchen pflegen wollen, müssen wir Offenheit signalisieren und zeigen, dass wir wissen, wohin der Zug in der Gesellschaftspolitik fährt.

Sie selbst sind mit der Forderung nach einer Gesamtschule, bisher ein ÖVP-Tabu, vorgeprescht. Viele Funktionäre werden da nicht begeistert gewesen sein.

Schützenhöfer: Das sind einige Hardliner, die sich immer schon hinter verstaubten ideologischen Vorstellungen versteckt haben. Die haben jetzt die Kanonen auf mich gerichtet. Bei den Betroffenen in der Bevölkerung finde ich allerdings breite Zustimmung. Genau darum geht es mir: Die Volkspartei muss wieder beim Lebensgefühl der Menschen sein. Wenn ich heute weiß, dass 70 Prozent der Frauen arbeiten, dann kann ich darüber philosophieren, wie gut es ist, dass die Frau beim Kind bleibt, aber ich muss sehen, dass sie rasch wieder arbeiten will, um die Chancen am Arbeitsmarkt zu wahren. Man darf nicht am Bahnhof sitzen und sich bange die Frage stellen, warum der Zug nicht kommt, um dann zu sehen, dass er schon weg ist. Die ÖVP muss selbst im Zug der Zukunft als Lokomotivführer drinnen sitzen. Wir brauchen flächendeckend Kindergartenplätze, Krippenplätze und ganztägige Schulformen.

Aber droht bei einer Gesamtschule nicht ein Niveauverlust, der vermögendere Eltern veranlassen wird, ihre Kinder in Privatschulen zu schicken? Dann hätten wir erst recht ein Zwei-Klassen-System.

Schützenhöfer: Das wollen mir manche in der eigenen Partei auch einreden. Ich sage: Nein, das stimmt nicht. In vielen ländlichen Gebieten ist die Hauptschule die Gesamtschule, die sich bestens mit der AHS messen kann. Die Hauptschule in den großen Städten ist allerdings nicht mehr als eine Restl-Schule, überspitzt formuliert geht das in die Nähe einer Sonderschule. Das heißt, Hauptschüler sind im städtischen Gebiet benachteiligt. Ich möchte die Schulformen zusammenführen, um allen Kindern die besten Chancen zu geben. Das hat mit links und rechts nichts zu tun.

Sie sind nun genau seit einem Jahr Landesparteiobmann der steirischen ÖVP. Bereuen Sie diesen Schritt manchmal?

Schützenhöfer: Nein. Bis zu meiner Wahl habe ich schon mit mir gerungen, ob ich das kann. Aber seit meiner Wahl ist die alte Kampfeslust wieder erwacht. Und es ist mir bereits gelungen, viel mehr Frauen und Junge in gesetzgebenden Körperschaften zu bringen.

Übertreiben Sie es mit Ihrer Kampfeslust nicht manchmal? Alle paar Monate steht die rot-schwarze Koalition in der Steiermark vor dem Aus. Kann das lange gut gehen?

Schützenhöfer: Das habe ich Franz Voves auch gefragt. Und ich habe ihm gesagt: Irgendwann werden die ständigen Neuwahldrohungen lächerlich. Und irgendwann verliere ich auch die Lust, der SPÖ ständig aus der Patsche zu helfen. Wir haben das im November mit dem Vorschlag, ein Doppel-Budget zu machen, getan. Und ich habe das am Donnerstag und Freitag erneuert. Mein Rat an Franz Voves ist: Zuerst verhandeln, dann verkünden.

Sie waren vorige Woche bei Gouverneur Arnold Schwarzenegger in Kalifornien. Was war der Sinn dieser Reise? Fotos für den nächsten Landtagswahlkampf?

Schützenhöfer: Absolut nicht. Ich habe ihm im Dezember 2005, als man das Arnold-Schwarzenegger-Stadion umbenannt hat, geschrieben, dass eine übergroße Mehrheit der Steirer zu ihm steht, dass wir stolz auf ihn sind, dass er Gouverneur von Kalifornien ist. Und dass ich ihn auch gerne besuchen würde. Dieser Besuch hat nun stattgefunden. Alles, was sonst in diese Reise hineininterpretiert wurde, ist primitiver Quatsch.

Inline Flex[Faktbox] ÖVP-CHEF SEIT EINEM JAHR: H. Schützenhöfer("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2007)


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