Ärger mit heiklen Gesundheitsdaten

Privatversicherer holen sich Informationen von den Krankenkassen – manchmal zum Nachteil der Kunden.

WIEN. Es kommt vor, dass ein Privatversicherer vor Vertragsabschluss plötzlich die Leistungen einschränkt, die Prämien erhöht oder gar keine Krankenzusatz- oder Lebensversicherung mehr abschließen will. Es kommt auch vor, dass die Versicherer sich am Versicherten wegen falscher Informationen bei Vertragsabschluss schadlos halten bzw. die Zahlung von Leistungen verweigern. Es kommt vor und, wie SPÖ-Nationalratsabgeordneter Johann Maier als Konsumentenberater der Salzburger Arbeiterkammer weiß, gar nicht so selten.

Maier versuchte daher in parlamentarischen Anfragen ein Problembewusstsein bei den zuständigen Ministerien zu schaffen, war damit in den vergangenen Monaten aber nur mäßig erfolgreich. Die neue Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) beschied ihm zumindest, dass die Problematik aus einer „unscharfen Formulierung des Versicherungsvertrags-Gesetzes“ resultiere und man das Justizministerium involviert habe. Auf Nachfrage bestätigt man im Gesundheitsressort, dass man die Sache nicht auf die leichte Schulter nehme. Alles, was Gesundheitsdaten betrifft, sei besonders heikel. „Das Problem ist virulent. Das sieht das Justizministerium auch so“, sagt Christine Stockhammer, Sprecherin von Justizministerin Maria Berger. Deshalb wurde jetzt einmal eine Arbeitsgruppe gebildet, die den heiklen Ausgleich zwischen allzu großen Begehrlichkeiten der Versicherungswirtschaft und berechtigtem Prüfansinnen schaffen soll. Schließlich gibt es auch falsche oder fehlerhafte Krankheitsmeldung von Kunden vor Abschluss.

Thema im Datenschutzrat

Maier geht das Problem auch noch von einer anderen Seite an – als stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrates. Bei der nächsten Sitzung am Mittwoch will er zumindest eine Empfehlung für Justiz- und Gesundheitsressort erreichen. „Immerhin werden weitaus mehr Daten von den Krankenkassen weitergegeben, als dies der Gesetzgeber wollte“, so Maier. Fünf von neun Gebietskrankenkassen geben Daten ihrer Versicherten an Private weiter, zwei davon allerdings nur über den Versicherten selbst. Außerdem regeln die Bundesländer in ihren Krankenanstaltengesetzen oft eine großzügigere Handhabe der Datenweitergabe als es das Versicherungsvertragsgesetz vorschreibt. Schon die Datenschutzkommission beklagte deshalb, dass sich hier Landesrecht ungerechtfertigterweise in Bundesrecht einmischt.

Die Datenweitergabe ist aber nicht nur für die Versicherten unangenehm. Auch die Sozialversicherer stöhnen zunehmend, dass etwa Pflegeversicherungen an öffentliche Leistungen gekoppelt werden. Das heißt: Ausgezahlt wird erst, wenn auch Pflegegeld bezahlt wird. Die Überprüfung des „Schadens“ überlassen die Privaten somit ebenfalls (kostenschonend) der öffentlichen Hand.

AUSGANGSLAGE

Paragraf 11a des Versicherungsgesetzes legt fest, dass Privatversicherer gewisse Gesundheitsdaten vor Vertragsabschluss einholen können. Mittels Zustimmungserklärung bei Vertragsunterzeichnung gehen viele aber über dieses Maß hinaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2007)


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