Karenzrückkehr: Mini-Job für Frau, weil der Mann arbeitet

(c) DiePresse (Clemens Fabry)
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Ein Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts sorgt für Aufregung.

WIEN. Der Frauenring, die größte Dachorganisation österreichischer Frauenvereine, läuft Sturm. Mit einem Urteil zum Arbeitsausmaß bei Elternteilzeit würden rechtliche Errungenschaften im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unterlaufen, kritisiert Christa Pölzlbauer, Präsidentin des Frauenrings. Auslöser ist ein Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts zur Arbeitszeit einer aus der Karenz zurückgekehrten Mutter.

Kritisiert wird vor allem die Begründung der zuständigen Richterin. Die Arbeitnehmerin wollte nach der Karenz an ihrem Arbeitsplatz, bei dem es um Managementaufgaben ging, wieder in den Job einsteigen. Der Arbeitgeber bot ihr Arbeit im Ausmaß von fünf Wochenstunden anstelle der von ihr verlangten 30 Wochenstunden an. Der Streit ging vor Gericht.

Dort wurde entschieden, dass die Interessen des Arbeitgebers mit einer erfolgten Umstrukturierung des Betriebes gut begründet seien. Die Abwägung mit den Interessen der Arbeitnehmerin ging zu deren Lasten aus. „Hier ging das Gericht davon aus, dass die finanzielle Situation der Beklagten (der Arbeitnehmerin, Anm.) durch die berufliche Tätigkeit des Mannes der Beklagten (wenn auch teilweise selbstständig und im Aufbau begriffen) samt Inanspruchnahme des Kindergeldes und der von der klagenden Partei zugestandenen möglichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen abgesichert ist und kein größeres Gewicht hat als die vorliegenden betrieblichen Gründe auf Dienstgeberseite“ heißt es wörtlich im Urteil.

Verwunderung über Begründung

Kurz gesagt, bedeute das, wenn man einen Mann hat, der arbeitet, besteht für die Frau kein so dringender Grund, es selbst in größerem Umfang zu tun. Das stehe aber in krassem Widerspruch zum Gesetzeszweck, kritisiert Pölzlbauer. Auch Martin Risak, Arbeits- und Sozialrechtler an der Uni Wien, zeigt sich verwundert. Das Interesse der Arbeitnehmerin bestehe ja nicht nur darin, Geld zu verdienen, sondern vor allem darin, im Beruf zu verbleiben.

Die Frage sei, wie viel Arbeitszeitreduktion dem Arbeitnehmer zumutbar sei. Ein Angebot von fünf Wochenstunden Arbeit komme einer Kündigung ziemlich nahe. Den Anspruch auf Teilzeitarbeit gebe es ja, damit Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert werde. Es wäre argumentierbar gewesen, so Risak, zu sagen, einem Arbeitgeber sei es eher zumutbar, die Arbeitnehmerin 30 Stunden zu beschäftigen, als es der Arbeitnehmerin zumutbar wäre, nur fünf Stunden zu arbeiten. Den Wunsch der Frau, ihren Job zu behalten, müsse man auch immer berücksichtigen. Mit der Berufstätigkeit des Ehemannes zu argumentieren, sei eher kurios.

Ruf nach Gesetzesänderung

Da es sich um eine Entscheidung zu einer Frage der Arbeitszeit handelt, ist das Urteil auch nicht mehr bekämpfbar. Es gibt hier nur ein Verfahren mit einer Instanz. Der Frauenring fordert daher jetzt eine Änderung des Mutterschutzgesetzes. Es sei nämlich nicht einzusehen, dass Arbeitgeber weniger Stunden anbieten können, als die aus der Karenz Zurückkehrenden arbeiten wollen. Denn, wenn es den Rechtsanspruch auf Elternteilzeit nicht gäbe, müssten Arbeitgeber Mitarbeiter für Vollzeit zurücknehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2007)

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