Fischer will Bleiberecht nach sieben Jahren

(c) EPA (Werner Dedl), Die Presse (Michaela Bruckberger); Montage: diepresse.com
  • Drucken

Integrierte Asylwerber. Die ÖVP wendet sich gegen den Vorstoß des Bundespräsidenten.

Wien(maf/ett).Bundespräsident Heinz Fischer hat sich am Donnerstag für ein Bleiberecht für integrierte Asylwerber ausgesprochen. In einer Aussendung der Präsidentschaftskanzlei heißt es: „Es wäre klug zu prüfen, ob es nicht letzten Endes wesentlich mehr Vorteile als Nachteile brächte, wenn z.B. Personen, deren Verfahren bereits aus der Zeit vor dem 1. Jänner 2000 anhängig ist (also gewissermaßen noch aus dem vergangenen Jahrhundert stammt), und die unsere Sprache sprechen, Arbeit gefunden haben und sich auch sonst voll integriert haben, in der Regel Abschiebung nicht mehr fürchten müssen.“

Härtefälle vermeiden

Damit könne man viele Härtefälle vermeiden, die Behörden entlasten und die freigewordenen Kapazitäten für eine umso raschere Erledigung aller anderer Verfahren nutzen. Fischer erinnerte daran, dass er einer Generation angehöre, die nicht vergessen hat, dass es Zeiten gegeben habe, wo auch Österreicher in anderen Ländern Aufnahme gesucht und gefunden haben. Fischer geht damit wesentlich weiter als die SPÖ, die ein Bleiberecht nur in humanitären Einzelfällen fordert.

Vizekanzler ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer erteilt den Überlegungen des Bundespräsidenten im Gespräch mit der „Presse“ eine Absage: „Es wird kein automatisches Bleiberecht geben. Darüber gibt es in der Bundesregierung mit Alfred Gusenbauer Konsens.“ Denn dadurch würde das Asylrecht „ausgehöhlt“.

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekräftigte das „entschiedene Nein“ seiner Partei zum Bleiberecht. Er sprach von einer „NGO-Industrie“, die mit allerlei Tricks und Kniffen Asylverfahren jahrelang verschleppten. Wer falsche Angaben macht und so sein Verfahren verzögert, werde durch ein Bleiberecht quasi belohnt. Dies führe den Rechtsstaat ad absurdum.

Lob für Fischer kam lediglich von den Grünen. Sie zeigten sich hoch erfreut, dass wenigstens der Bundespräsident das akute Problem erkannt hat. Bundesparteisekretär Lothar Lockl kritisierte dagegen die SPÖ wegen „Unterstützung des Hardliner-Abschiebekurses“ der Volkspartei.

Unterdessen gibt es für Arigona Zogaj, die 15-Jährige, die mit ihrem Untertauchen und ihrer Selbstmorddrohung bei Abschiebung die Diskussion ausgelöst hat, neue Hoffnungen. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat angekündigt, einen Antrag auf humanitären Aufenthalt für das Mädchen und seine Mutter an den Innenminister zu richten. Begründet wird dies damit, dass sich die Voraussetzungen geändert haben. Nun könne nämlich jener Kriterienkatalog zur Anwendung kommen, den Innenminister Günther Platter und der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer am Tag von Arigonas Verschwinden öffentlich präsentiert haben. Dieser berücksichtige auch Kriterien wie Sprache und Integrationsgrad. Zuvor habe es eine klare Judikatur gegeben, die genau diese Dinge als nicht relevant eingestuft hat. Für die übrigen fünf Mitglieder der Familie Zogaj gilt der Antrag nicht. Diese seien nicht im Kompetenzbereich der Bezirkshauptmannschaft, weil sie bereits abgeschoben wurden.

Keine Erpressung

Kritik gab es an Innenminister Günther Platter, weil er gemeint hatte, er lasse sich von Arigona nicht erpressen. Das Justizministerium erklärte, es handle sich bei der Selbstmorddrohung um keine Erpressung im rechtlichen Sinn. Grüne und SPÖ warfen Platter üble Nachrede bzw. Verleumdung vor.

AUF EINEN BLICK

Bundespräsident Heinz Fischer tritt für ein Bleiberecht für jene Asylwerber ein, die ihren Antrag vor dem 1. Jänner 2000 gestellt haben. Die Grünen unterstützen den Bundespräsidenten, ÖVP und FPÖ sprechen sich dagegen aus. Die SPÖ schweigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.