Demo: Proteste: "Gusenbauer - Bildungsklauer!"

Proteste. Von links bis ganz links: Mehr als 2000 Demonstranten kamen zur Angelobung.

WIEN/SALZBURG. "Sonderparteitag, wir wollen Sonderparteitag!" - "Für den Gusi sind wir da - Marionette, ha ha ha!" - "Gusenbauer, Bildungsklauer! - "Angelobung nur mit Polizei!" Dies und vieles mehr skandierten die jungen Roten von SJ (Sozialistische Jugend) und VSStÖ (Verband Sozialistischer Studenten) vor dem Wiener Ballhausplatz. Zwischendurch sprangen sie auf und nieder ("Wer nicht hüpft, ist Gusi-Fan!") oder sangen höhnisch "Überall auf der Welt scheint die Sonne" - jenen Schunkel-Song, mit dem die Volksmusik-Truppe "Die Edlseer" an der Seite Alfred Gusenbauers durch den Wahlkampf getingelt war.

Für Wolfgang Schüssel mag dies eine späte Genugtuung gewesen sein, eine kleine Rache der Geschichte. Denn wegen ihm war diesmal, an diesem 11. Jänner 2007, dem Tag der Angelobung des Kabinetts Gusenbauer I., niemand zur Groß-Demo auf den Heldenplatz gekommen. Es war allerdings nur ein lauer, fast launiger Abklatsch der Proteste vom 4. Februar 2000. Die gestrige Demo hatte etwas Karnevaleskes, obwohl sich immerhin über 2000 vorwiegend junge Menschen vor dem Ballhausplatz versammelt hatten und vereinzelt auch Eier, Bananen und sogar kleine brennende Papierpakete durch die Luft flogen.

Alles, was links von SJ und VSStÖ steht, hatte sich schon eine Stunde zuvor vor der Wiener Hauptuni getroffen, um Richtung Hofburg zu marschieren. "Wer hätte gedacht, dass die Abwahl von Schwarz-Blau-Orange in eine Verarschung durch die SPÖ mündet", befand eine Rednerin recht deftig. Ein anderer beklagte "das Joch der Unterdrückung" durch das kapitalistische System, zu dessen Beherrschern er freilich auch die Sozialdemokratie zählt. Seine Conclusio: "Bekämpft nicht die einzelnen Fliegen, trocknet den ganzen Sumpf aus." Und: "Nieder mit der SPÖ!"

Ein Transparent mit der Aufschrift "Wo ist das Frauenministerium?" wurde mitgeführt. Nun, diese Frage kann leicht beantwortet werden: Es befindet sich seit gestern im Bundeskanzleramt am Ballhausplatz. Dort hatten sich rechtzeitig zur Angelobung um 11 Uhr dann alle Demonstranten eingefunden. Auch ein Gruppe roter Polizeigewerkschafter protestierte: Denn das versprochene Exekutivdienstgesetz finde sich im Koalitionsübereinkommen nicht wieder.

Als die neuen und alten Regierungsmitglieder, angeführt von Alfred Gusenbauer und Wilhelm Molterer, dann vom Kanzleramt zur Hofburg schritten, ging ein Pfeifkonzert über den Platz nieder. "Verräter!", "Lügner!", schallte es Richtung Gusenbauer. Doch der blieb ungerührt und verschwand strahlend, von Kameras umringt, in der Hofburg. Überirdisch - im Gegensatz zu Schüssel 2000.

Der neue rote Kanzler hatte allerdings schon Donnerstag frühmorgens Bekanntschaft mit einer Gruppe von rund 60 Demonstranten gemacht. Diese hatten sich vor Gusenbauers Wohnung im 7. Wiener Bezirk aufgestellt. Es flogen Farbbeutel und andere Wurfgeschosse (siehe Bericht unten).

Auch in Salzburg wurde gestern protestiert. In einer Nachtaktion hatten Mitglieder des VSStÖ und der Jugendorganisation der FSG den Eingang des SPÖ-Hauses in der Wartelsteingasse einfach zugemauert. "Wir wollen unseren Unmut über den Ausgang der Koalitionsverhandlungen und die Nichteinhaltung von Wahlversprechen kundtun", so Salzburgs VSStÖ-Chef Michael Trinko.

Nachdem die Protestierenden ihre Anliegen erläutert hatten, bauten sie die Ziegelmauer wieder ab. Eine Arbeit, die nach wenigen Minuten erledigt war - denn die Mauer war nicht gerade stabil gewesen.


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