Rote Karte für EM-Trittbrettfahrer?

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Die Uefa hat strenge Richtlinien für die Werbung mit Bezug zur Fußball-EM erlassen. Die Durchsetzung von EM-Markenrechten ist aber schwierig. Grenzen für kreative Werbung liegen im unlauteren Wettbewerb.

WIEN. Der Anpfiff zur Fußball-Europameisterschaft 2008 erfolgt zwar erst in einem Jahr, am 7. Juni 2008. Aber bereits jetzt laufen die Vorbereitungen zahlreicher Unternehmen in Österreich auf Hochtouren, um das wichtigste Sportereignis des Jahres bestmöglich wirtschaftlich zu nutzen. Bei der Werbung im Zusammenhang mit der Fußball-EM ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, da die Uefa – der Veranstalter der EM – und die offiziellen Sponsoren versuchen, sich rechtlich gegen Trittbrettfahrer abzusichern.

Die Uefa hat strenge Richtlinien für die Werbung mit Bezug zur Fußball-EM 2008 veröffentlicht: Alle Promotionen oder Werbeaktivitäten mit direktem oder indirektem Bezug zur EM müssen von ihr genehmigt werden. Zur Absicherung der Rechte an dem Fußball-Event wurden zahlreiche Marken registriert, insbesondere Zeichen wie „EURO 2008“, „EM 2008“ oder „OESTERREICH/SCHWEIZ 2008“. Muss nun jeder Bäcker, der EM-Kipferln anbietet, eine Unterlassungsklage fürchten?

Klage gegen EM-Kipferln?

Bei der Fußball Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat sich gezeigt, dass die Durchsetzung der Rechte an solchen Marken mit Schwierigkeiten behaftet ist. Um seine Sammelbilder von Fußballspielern bewerben zu können, beantragte der Schokoladehersteller Ferrero die Löschung mehrerer Marken der Fifa. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) entschied in letzter Instanz, dass das Zeichen „FUSSBALL WM 2006“ grundsätzlich nicht als Marke geschützt werden kann, da es eine sprachübliche Bezeichnung für das Ereignis der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 ist. Auch das Zeichen „WM 2006“ kann einer weiteren BGH-Entscheidung zufolge höchstens für solche Waren und Dienstleistungen geschützt werden, die üblicherweise in keinem Zusammenhang mit einem Fußball-Wettkampf stehen, wenn es nicht als Bezeichnung der Sportveranstaltung verstanden wird. Ob ein Schutz für Waren und Dienstleistungen möglich ist, bei denen ein Zusammenhang mit einem Fußball-Wettkampf untypisch ist, wurde nicht endgültig entschieden.

Die erwähnten Entscheidungen haben zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf die österreichische Rechtslage. Zweifellos haben sie jedoch eine gewichtige Indizwirkung, und es wäre eher überraschend, würde ein österreichisches Gericht völlig anders entscheiden.

Marke frei für Zeitangabe

Aber selbst wenn eine rechtsbeständige Marke von einem anderen Unternehmen in seiner Werbung benutzt wird, ist dies nicht in jedem Fall eine Markenverletzung. Dem Inhaber der Marke ist grundsätzlich nur das ausschließliche Recht vorbehalten, die Marke zur Unterscheidung seiner Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmer zu verwenden. Wird eine Marke nicht zu diesem Zweck, also nicht „markenmäßig“ verwendet, fällt die Benutzungshandlung gar nicht in den Schutzbereich des Markenrechts. Eine solche zulässige Benutzung kann beispielsweise dann vorliegen, wenn ein Unternehmen auf ein Aktionsangebot hinweist, das während der „EM 2008“ gilt, da hier die Marke nur als Hinweis auf den Geltungszeitraum der Aktion verwendet wird.

Aber auch ohne Verwendung von Marken des Veranstalters eines Sport-Events lässt sich wirkungsvoll werben. Berühmt geworden ist die Aktion des Sportartikelherstellers Nike, der vor dem Finale der WM 1994 in den USA 70.000 Kappen in den Farben der brasilianischen Nationalmannschaft verteilte, die alle das bekannte „Swoosh“-Logo trugen. Durch die erdrückende Menge an Kappen wurde der – unrichtige – Eindruck suggeriert, Nike sei offizieller Ausstatter der brasilianischen Nationalelf. Für solche Werbeaktionen, bei denen sich ein Unternehmen in Beziehung zu einer Großveranstaltung stellt, ohne offizieller Sponsor zu sein, hat sich der Begriff „Ambush-“ oder „Guerilla-Marketing“ eingebürgert („Ambush“ ist ein militärischer Hinterhalt). Weniger martialisch klingt der deutsche Ausdruck „Trittbrettfahrerei“.

Gegen solche Überfälle kreativer Marketingabteilungen steht den Veranstaltern und Sponsoren an rechtlichen Mitteln nur das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Verfügung. Die Unlauterkeit der Aktion ließe sich etwa damit begründen, dass der gute Ruf der Veranstaltung und die Investitionen anderer Unternehmen ausgenützt werden oder die Werbung der offiziellen Sponsoren beeinträchtigt wird. Entsteht der Eindruck einer offiziellen Sponsortätigkeit, ist auch ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot denkbar. Ob allerdings ein Gericht dieser Argumentation folgen würde, ist ungewiss – bisher fehlt österreichische Rechtsprechung zu diesen Fragen.

Überfallsartige Werbung

Es ist außerdem zweifelhaft, ob Ambush-Marketing jemals vor Gericht gebracht wird, da solche Werbung meist nur in kurzen Aktionen besteht, die ohne Ankündigung, sondern eben überfallsartig durchgeführt werden. Ein nachträgliches Verbot hat jedoch kaum Wirkung, ein Schaden kann wohl nur in Ausnahmefällen nachgewiesen werden und auch die Prozesskosten kann der Beklagte durch sofortige Unterwerfung niedrig halten.

Wer sich bei der Werbung während der Fußball-EM 2008 der rechtlichen Risiken bewusst ist und sich auch diesbezüglich gut vorbereitet, dem stehen durchaus Möglichkeiten zur Verfügung, von dem Großereignis zu profitieren. Die Fußball EM wird jedenfalls spannend: nicht nur für Fußballfans, sondern auch für Juristen!

Dr. Michael Horak, LL.M. (LSE) ist Rechtsanwalt bei Schönherr Rechtsanwälte GmbH.

STICHWORT: Marke

Dem Inhaber einer Marke ist das Recht vorbehalten, die Marke zur Unterscheidung seines Angebots von jenem anderer zu verwenden. Der Einsatz zu anderen Zwecken liegt jedoch nicht im Schutzbereich des Markenrechts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2007)

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