Fliegende Kerne, fahrtüchtige Fänger

EPA/RONALD WITTEK
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Führerscheinentzug: Der VwGH sieht seltsames Verhalten nicht als geeigneten Grund.

WIEN(hes). Gute Nachrichten für Verhaltensauffällige: Nicht jedes komische Benehmen rechtfertigt auch gleich eine amtsärztliche Untersuchung mit dem Ziel, dem Verhaltenskreativen den Führerschein zu entziehen. Das hielt kürzlich der Verwaltungsgerichtshof fest (2007/11/0024).

Fortan kann man also weiter ungeniert von Fahrzeuglenkern aus dem Auto geworfene Pfirsichkerne aufheben, um dem Pfirsichesser damit umgehend nachzulaufen und den Kern dann wieder zurück ins Auto zu werfen, sobald sich verkehrstechnisch eine Gelegenheit dazu bietet. Vor einem Rechtsstreit mit dem Pfirsichesser schützt dieses Verhalten zwar nicht. Aber per Bescheid eine Untersuchung anzuordnen, um zu prüfen, ob das „fragwürdige“ Verhalten (gemeint ist das Kern-Zurückwerfen, nicht das Kern-aus dem-Fenster-Spucken) nicht die Fähigkeit ein Fahrzeug zu lenken beeinträchtigt – das geht eben auch nicht.

Die Behörde, die den Bescheid ausgestellt hatte, konnte eine ganze Liste mit Verhaltensweisen des Beschwerdeführers vorlegen, die nicht unbedingt alltäglich erscheinen. So reist dieser offenbar des Öfteren mit einer Helium-befüllten Gasflasche am Gepäckträger seines Fahrrades durch Graz. Und wenn er dabei bemerkte, dass jemand falsch parkt, blockierte er in der Vergangenheit bereits wiederholt mit seinem auf die Fahrbahn gelegten Drahtesel den Verkehr, um auf diesen Missstand hinzuweisen.

Einem abgestellten Auto mit laufendem Motor zog er einmal den Schlüssel ab, um ihn auf den Beifahrersitz zu werfen, was in weiterer Folge zu Handgreiflichkeiten mit dem Autolenker führte. Mag sein, dass das „fragwürdig“ ist, bekundete der VwGH. Inwiefern das die Fähigkeit ein Auto zu lenken beeinträchtigt, war dem Gerichtshof aber nicht ganz klar.

Zum einen lägen viele dieser Vorfälle bereits länger als ein Jahr zurück, zum anderen beeinträchtige komisches Verhalten noch nicht die Verkehrstüchtigkeit. Der Verwaltungsgerichtshof hatte bereits im Februar in einer Entscheidung festgehalten, dass ein Vorfall (Suchtmittelkonsum), der bereits länger als ein Jahr zurücklag, nicht mehr geeignet sei, Bedenken an der aktuellen Eignung des Betreffenden zum Lenken von Fahrzeugen zu erwecken.

STICHWORT: Eignung

Neben einer Fahrprüfung, die es zu bestehen gilt, muss man sich laut Führerscheingesetz auch gesundheitlich, physisch wie psychisch, eignen, um ein Fahrzeug zu lenken. Es kann sein, dass man sich nur für eine bestimmte Fahrzeugklasse eignet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2007)

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