Slowakei: Illegale Spitalsabfälle aus Österreich

Ein riesiger Müllberg aus Österreich sollte in der Slowakei „verschwinden“.

PRESSBURG. Bis zu zweitausend Lkw-Ladungen an Krankenhausabfällen sowie anderem in Österreich nur teuer zu entsorgendem und teils gefährlichem Müll sollten in der Slowakei „verschwinden“. Doch der illegale Müllexport flog auf, als die slowakische Polizei am Pfingstwochenende die ersten Transporte stoppte.

Laut Papieren sollten die Lastwagen „Altpapier“ zu einer slowakischen Firma Richtl s.r.o. in Zilina (Nordslowakei) liefern – die an der angegebenen Adresse aber nicht existiert. Laut slowakischen Behörden ist sie zwar im Handelsregister eingetragen, muss aber an unbekannten Ort übersiedelt sein, falls es sich nicht um eine fingierte Firmengründung handelt.

Die Fahrer gaben sich gegenüber Polizei und Journalisten ahnungslos: Er hätte die Ladung verschlossen übernommen und nicht gewusst, was man ihm da mitgegeben habe, sagte einer von ihnen dem Fernsehsender STV. Einen anderen wiederum verwunderte, dass er während der Fahrt die Anweisung erhalten habe, zu einem anderen als ursprünglich angegebenen Ort zu fahren.

Wer die tatsächlichen Auftraggeber waren, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen in der Slowakei wie auch in Österreich. Laut slowakischen Polizeiangaben sollten insgesamt rund 400.000 Tonnen der mit Hausmüll vermischten Krankenhausabfälle in einem Steinbruch am Rande der Kleinstadt Dubnica, 140 Kilometer nordwestlich von Bratislava, landen. Dort bemerkten aber Polizisten „zwei Lkw und verdächtige Personenbewegungen“ in dem Steinbruch.

Zwei Lkw abgefangen

Eine in Zusammenarbeit von Zollorganen, Kriminalpolizei und Umweltinspektion durchgeführte Kontrolle der Fahrzeuge förderte laut Marian Cvincek (Umweltinspektorat cilina) die zu Paketen verschweißten Abfälle zu Tage. Infusionsmaterial und andere Spitalsabfälle hätten zwar den Großteil der Müllpakete ausgemacht, sie seien aber mit Hausmüll, Plastikflaschen, alten Schuhen und Textilien bunt vermischt gewesen, erzählte Cvincek der „Presse“.

Über den österreichischen Absender gab es in der Slowakei widersprüchliche Informationen. Während Polizeistellen eine (nicht auffindbare) Firma in Wiener Neustadt nannten, korrigierte Cvincek die Angaben auf eine Firma Brandler in Wien, die aber ebenfalls nicht unter der angegebenen Adresse zu finden war. Auch im österreichischen Firmenbuch, im Telefonbuch und in Branchenverzeichnissen ist diese Firma nicht zu finden. Laut slowakischen Behörden muss aber eben diese österreichische Firma für die auf „Altpapier“ gefälschten Ladungspapiere verantwortlich sein. Für den illegalen Import von gefährlichen Abfällen drohen laut EU-Regeln und nationalen Gesetzen mehrjährige Haftstrafen. Laut Peter Vicváder vom slowakischen Umweltministerium sei es aber zunächst hauptsächliches slowakisches Interesse, die bedenklichen Lkw-Ladungen so schnell als möglich nach Österreich zurück zu schicken. Dahin aber wollten sie die österreichischen Behörden nicht so einfach wieder zurückreisen lassen, sodass sie am Dienstag noch immer im Zollbereich am Grenzübergang Berg standen.

Auch im Wiener Umweltministerium wird die Affäre mit den slowakischen Behörden untersucht. Gegenwärtig könne man weder die Echtheit der Frachtpapiere noch die Existenz der ausstellenden Firma bestätigen, sagte ein Sprecher zur „Presse“. Im amtlichen „Verzeichnis der zugelassenen Sammler und Behandler“ gebe es jedenfalls keine Firma Brandler. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.

Insider schließen nicht aus, dass Österreich für den illegalen Müll nur Transitland ist – ähnlich wie bei einem verboten Transport von deutschem Müll nach Ungarn im Herbst des Vorjahres.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2007)

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