Das Wachstum in Zentralasien lockt

Die Entwicklungsbank EBRD und Meinl European Land wollen den Kaukasus mit Einkaufszentren erschließen. Dort sind die Renditen – aber auch das Risiko – höher.

WIEN. Wer in Zentralasien (Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan) oder am Kaukasus (Aserbaidschan, Armenien, Georgien) einen Großeinkauf tätigen will, muss sich meist mit kleinen lokalen Basaren zufrieden geben. Dort reiht sich Kiosk an Kiosk, Parkplätze gibt es kaum, internationale Markenware auch nicht. Die Nachfrage nach solcher wäre durchaus gegeben, meint man bei der Europäischen Entwicklungsbank EBRD. Woran es mangle, sei die Bereitschaft ausländischer Investoren, Geld in diese Märkte zu pumpen, sagt EBRD-Bankerin Vera Wagner zur „Presse“. Wie in „allen Emerging Markets“ sei die Rechtssicherheit gering, die Bürokratie schwierig – und dann handle es sich bei Georgien, Aserbaidschan und Co. um kleine Märkte, wo sich viele Investoren fragten, ob es sich überhaupt auszahle, dorthin zu gehen.

Zusammen mit dem österreichischen Immobilienentwickler Meinl European Land hat die EBRD nun ein Joint Venture gegründet und will um 380 Mio. Euro fünf bis sieben moderne Einkaufszentren in der Region aus dem Boden stampfen.

Steigende Kaufkraft

Für Meinl ist es der erste Schritt in diese Region. Für die EBRD nicht: Im Banken- und im Infrastrukturbereich hat man bereits Erfahrungen gesammelt. Neben Straßen und Kläranlagen fallen aber auch moderne Einkaufszentren unter die Kategorie Infrastruktur, wie es sie derzeit bestenfalls in den kasachischen Städten Almaty und Astana gibt. Stehen erst einmal mehr, dann kommen auch die internationalen Handelsketten.

Das Joint Venture wird vom Immobilienentwickler Acteeum mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey gemanagt, mit dem Meinl bereits in der Türkei und der Ukraine zusammenarbeitet. Die EBRD braucht man nicht nur wegen der Finanzspritze (die Bank wird insgesamt 130 Mio. Euro einbringen), sondern auch wegen der Erfahrung mit den lokalen Behörden, sagt Henrik Stig-Møller von Acteeum. Die EBRD wiederum setzt auf Meinl und Acteeum wegen ihrer guten Kontakte zu internationalen Handelsketten.

Der Nachholbedarf beim Konsum sei groß, ist Stig-Møller überzeugt. Es gebe bereits jetzt ein Missverhältnis zwischen den stark wachsenden Einkommen und den Einkaufsmöglichkeiten. „Der Kaukasus ist dort, wo Polen Anfang der neunziger Jahre war“, schätzt Francis Lustig, Sprecher von Meinl European Land. Er erhofft sich von den neuen Einkaufszentren eine Jahresrendite von 15 Prozent. Zum Vergleich: In Tschechien und Ungarn erhält man sieben Prozent – bei geringerem Risiko.

Das sieht auch Hermann Zöchmeister, Chef des österreichischen Nischen-Immobilien-Entwicklers R-Quadrat ähnlich. Die großen Preissteigerungen von Immobilien und folglich das große Geschäft finde vor dem EU-Beitritt statt. Ergo: „Man muss sich nach Neuem umsehen“, sagt er zur „Presse“. Für ihn interessant scheinen vor allem Georgien und Aserbeidschan – neben florierenden Geschäften in Moskau, der Ukraine und der Türkei.

Banken nicht vertreten

Ein Problem gebe es freilich in den Kaukasus-Ländern und in Zentralasien: Die österreichischen Banken, mit denen man in Osteuropa ansonsten gut zusammen arbeiten könne, seien in diesen Staaten nur sporadisch vertreten. Zudem gibt es keine Garantien von der Kontrollbank – deshalb gehe das sinnvollerweise nur über die EBRD, so Zöchmeister. Die anderen großen österreichischen Immobilienentwickler wie die Immoeast haben sich noch nicht so weit in den Osten vorgewagt. Sie ziehen sich aber auch sukzessive aus den neuen EU-Staaten zurück und investieren nun stärker in Russland, der Ukraine und am Balkan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.