„Jeder fragt sich, wann die Preisblase platzt“

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Rumänien. In Bukarest ist Bauland rar – und damit Goldes wert, da die Rumänen Wohnungen und Büros brauchen.

Bukarest. 20 Hektar Brachland im Herzen der Stadt: So sieht wohl der Wunschtraum jeder Immobilienfirma aus. Tatsächlich haben es die österreichische Sparkassen Immobilien AG und ihr rumänischer Partner EMCT den Zeitläuften zu verdanken, dass sie bis Oktober 2008 um 150 Mio. Euro mitten in den vierten Bukarester Bezirk ein Einkaufszentrum pflanzen können, das so groß ist wie die Shopping City Süd bei Wien. Denn einst wollte Rumäniens Diktator Nicolae Ceausescu seinem Volk hier ein Sportzentrum errichten.

Ceausescu wurde am Weihnachtstag 1989 hingerichtet, vom Sportzentrum blieben nur bröckelige Fundamente, und erst jetzt haben es die Lokalpolitiker geschafft, eine Nutzung für die rund 40 Fußballfelder große Fläche zu finden.

Goldgrube Plattenbau

Doch das ist die Ausnahme. Denn seit der EU-Beitritt Rumäniens Gestalt annahm, liefern sich Immobilienentwickler aus Großbritannien, Spanien, Frankreich und Österreich ein hartes Rennen um die letzten freien Flecken in der 2,5-Millionen-Einwohner-Stadt.

„Die erste größere Transaktion mit Geschäftsimmobilien hatten wir erst in der zweiten Hälfte 2004“, sagte Sebastian Gutiu, der das Bukarester Büro von Schönherr Rechtsanwälte leitet, vergangene Woche im Gespräch mit österreichischen Journalisten. 42 Köpfe zählt die Bukarester Niederlassung von Schönherr. Jeder dritte davon befasst sich mit Fragen der Finanzierung und des Erwerbs von Immobilien. Kein Wunder, denn der Markt ist brennheiß. 800 Mio. Euro an Investitionen flossen im Vorjahr in den Bukarester Immobilienmarkt, das waren um 15 Prozent mehr als 2005.

Heute bekomme man sogar für alte Plattenbauwohnungen aus der Ceausescu-Zeit Quadratmeterpreise von bis zu 2000 Euro, sagte Gusiu. „Obwohl die bald technische Probleme kriegen werden.“ Angesichts solcher Marktentwicklungen „fragt sich jeder, wann die Preisblase platzt.“

Schädliches Eigentum

Wohl nicht so bald. Denn auch die Nachfrage nach modernem Wohnraum ist ungebrochen. Allein in Bukarest werden derzeit rund 60.000 Wohnungen benötigt. Im ersten Halbjahr wurden aber laut rumänischem Statistikamt nur 16.962 Wohnungen fertig: in ganz Rumänien, wohlgemerkt.

Es mangelt an Bauland, an Arbeitern – und an Altbauten, die man schnell sanieren könnte. Denn nach der Wende wurden die Bewohner der Plattenbauten Eigentümer. So sollten sie vor einem zu erwartenden starken Anstieg der Mieten geschützt werden.

Dieses sozialpolitische Anliegen schadet den Rumänen nun. Denn es ist praktisch unmöglich, die Zustimmung aller Mit-Eigentümer zu einer Isolierung der Fassade oder dem Einbau moderner Fenster zu bekommen. Zwar verpflichtet ein Gesetz die Hauseigentümer, mit eigenem Geld an der Sanierung mitzuwirken.

Zwar gibt es dafür auf dem Papier staatlich finanzierte Darlehen, die erst über 20 Jahre zurückzuzahlen sind. „Die rumänische Regierung hat aber für die Wohnbausanierung noch kein Finanzierungsprogramm aufgestellt“, sagte Gutiu. Und so werden die Plattenbau-Eigentümer ihre Fenster weiterhin mit Alufolie isolieren. Und sich gegen die brütende Bukarester Sommerhitze noch mehr energieverschwenderische Klimaanlagen auf die Fassaden schrauben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2007)

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