Casinos: Ohne Monopol gehen wir

Im Falle einer Liberalisierung könnten die Casinos „woanders“ versteuern.

Er möchte freilich keine Drohungen aussprechen, sagte der neue Chef der Casinos Austria Karl Stoss bei seinem ersten Auftritt vor Journalisten am Dienstagabend. Aber sollte es tatsächlich zu einer Liberalisierung des Glücksspiels kommen, „müssten sich die Casinos Austria gut überlegen, wo ihr Head-Office ist“. Womit Stoss ein Abwandern der Casinos samt ihrer jährlichen Steuerleistung von rund 500 Mio. Euro (inklusive der Lotterien) in ein Steuerparadies in den Raum stellt.

„Man kann uns nicht ein Streichholz in die Hand geben und andere kämpfen mit zwei Meter langen Spießen“, spielt Stoss auf die zunehmende Konkurrenz von nicht in Österreich beheimateten Online-Glücksspiel-Unternehmen an. Konkrete Überlegungen gäbe es jedoch noch nicht. „Ich glaube auch nicht, dass sich etwas an der Gesetzgebung ändern wird. Kein Finanzminister wird sich das gefallen lassen“, so Stoss.


Stoss: Bin für verhaltene Werbung

Ob die Wünsche der Finanzminister reichen werden, dass es zu keiner Glücksspielliberalisierung in der EU kommt, ist fraglich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat fiskalpolitische Überlegungen als Begründung für das Monopol bereits ausgeschlossen. Berechtigte Gründe seien nur der Schutz der Allgemeinheit vor Spielsucht und Geldwäsche. Selbst diese Einschränkungen werden in einem laufenden Verfahren vor dem EuGH in Frage gestellt.

So hat etwa der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof im Vorjahr festgestellt, dass die Werbelinie des deutschen Monopolisten dem Schutz vor Spielsucht zuwiderläuft. Ob die Werbelinie der Casinos Austria und der Österreichischen Lotterien dem Schutz-Anspruch gerecht werden, möchte Stoss nicht direkt beantworten. „Ich bin für ein verhaltenes Auftreten in der Werbung. Wir werden uns die Werbelinien auch noch einmal genau ansehen.“

Die Beibehaltung des heimischen Glückspielgesetzes sieht Stoss als ein persönliches Ziel für seine Amtszeit an. Dazu gehöre auch der Kampf gegen die illegale Konkurrenz. „Wir sind nicht die Behörde, die die Strafverfolgung durchführt. Aber wir zeigen jeden an, der gegen das österreichische Glücksspielgesetz verstößt.“ Vor allem die Zunahme von Poker-Clubs ist den Casinos ein Dorn im Auge (siehe unten stehenden Artikel).

Doch auch die Casinos selbst werden immer wieder von Spielsüchtigen auf Schadenersatz geklagt. 25 Klagen sind anhängig, so Stoss. Rund ein bis zwei Mio. Euro zahlen die Casinos pro Jahr für Schadenersatz. Angesichts von 2,4 Millionen Gästen in Österreich und 16,6 Millionen im Ausland sei dies eine verschwindend geringe Zahl an Problemfällen, so Stoss.

Zudem hat das heimische Geschäft im Vorjahr erneut an Bedeutung verloren. Der Umsatz fiel im Vorjahr um 6,4 Prozent auf 265 Mio. Euro. Im Ausland – die Casinos Austria betreiben 75 Casinos, davon 12 in Österreich – stieg der Umsatz um 12,1 Prozent auf 990 Mio. Euro. Der Konzern inklusive Lotterien konnte den Umsatz um etwa zehn Prozent auf 3,35 Mrd. Euro steigern. Daher setzen die Casinos weiterhin auf Wachstum im Ausland. Heuer sollen neue Spielstätten in Chile, Argentinien, Südafrika und Serbien hinzukommen. Ertragszahlen werden erst im Laufe des Frühjahrs bekannt gegeben.

Bemühen werden sich die Casinos um den 34 Prozent-Anteil der Bawag an den Lotterien. Ein realistischer Wert dafür seien 100 Mio. Euro, so Stoss. Unklar sei, ob der Bawag-Eigentümer Cerberus überhaupt verkaufen will. Mit dem Bawag-Anteil hielten die Casinos die Mehrheit an den Lotterien (derzeit 34 Prozent). Dann könnten die Unternehmen konsolidiert und Einsparungen erreicht werden. Die Casinos sind mehrheitlich in Privatbesitz, Anteile halten die OeNB, Raiffeisen, Uniqa, Donau-Versicherung, Bankhaus Schelhammer & Schattera sowie die Privatstiftung von Ex-Casino-Chef Leo Wallner.

Inline Flex[Faktbox] GIBRALTAR STATT WIEN?("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2007)

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