Wie die USA Konkurrenz verhindern

PROTEKTIONISMUS. Die EU-Kommission stellt – teils skurrile – US-Schikanen an den Pranger.

BRÜSSEL/WIEN.Schinken ist nicht gleich Schinken – zumindest sieht das die US-Bürokratie so. Denn während „Prosciutto di Parma“nach langem Insistieren der Europäischen Union in die USA importiert werden darf, ist die Einfuhr von „Prosciutto di San Daniele“weiterhin verboten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass beide Rohschinken-Arten denselben italienischen und europäischen Lebensmittel-Vorschriften unterworfen sind und zwischen Parma und San Daniele keine 300 Kilometer Luftlinie liegen.

Diese ungleiche Behandlung italienischen Schinkens ist nur eines von zahllosen Beispielen für die Handelsbarrieren, mit denen die USA ihre Unternehmen gegen ausländische Konkurrenz abschotten. Der 22. Jahresbericht der EU-Kommission über Barrieren für Handel und Investitionen in den USA zeigt allerdings noch eine Reihe weiterer, nicht weniger skurriler Schikanen auf, die europäische Firmen durchqueren müssen, wenn sie in die reichste Volkswirtschaft der Welt exportieren wollen.

„Benzinverschwender-Steuer“

Da wäre zum Beispiel die „Benzinverschwender-Steuer“. Sie wurde im Jahr 1978 als Teil des „Energy Tax Act“ eingeführt und bestraft besonders unökonomische Automodelle. Für jedes Fahrzeug, das mehr als 10,5 Liter pro 100 Kilometer verbraucht, fallen 1000 Dollar dieser „Gas Guzzler Tax“ an. Die verschwenderischsten Wägen werden mit 7700 Dollar bestraft.

Der Haken an der Sache: Minivans, Geländewagen und Pick-up-Trucks sind von dieser Steuer ausgenommen. Diese Fahrzeugtypen machen erstens die Hälfte aller Autos auf Amerikas Straßen aus – und werden zweitens in überwiegender Mehrheit von US-Herstellern wie Ford, GM oder Chrysler hergestellt. „Eine Diskriminierung der europäischen Autohersteller“, kritisiert die EU-Kommission in ihrem Bericht, der in einer Datenbank aller Handelsbarrieren nachzulesen ist (siehe Internet-Hinweis).

USA schädigen sich selbst

Diese Schikanen schaden auch US-Unternehmen. Denn die Wertschöpfungsketten von Autos oder Computern werden immer internationaler. Ein „deutsches“ Auto enthält nur wenig „echt deutsche“ Wertschöpfung. Machen die USA den Import mühseliger, laufen sie Gefahr, dass an irgendeiner Stelle des Herstellungsprozesses auch US-Zulieferer getroffen werden. Ferner erleiden auch US-Investoren Schaden, wenn ein europäischer Konzern, an dem Amerikaner beteiligt sind, wegen Schikanen weniger Geschäft macht.

Dieses Risiko einer Selbstschädigung ist im Fall der Beziehung zwischen USA und Europa besonders groß. Denn die beiden bilden die weltgrößte bilaterale Handelsbeziehung. 37 Prozent des Welthandels laufen von einem Ufer des Atlantik zum anderen: Das sind 1,15 Mrd. Euro pro Tag.

madb.europa.eu/("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2007)

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