Schwarzgeld: England bietet Teil-Amnestie für Besitzer von Auslandskonten

Bis zu einer Mio. Briten soll Geld im Ausland versteckt haben.

London. Die britische Regierung wird noch in dieser Woche Einzelheiten über eine Amnestie für die Besitzer bisher geheim gehaltener Bankkonten im Ausland bekannt geben. Die Finanzbehörden in London wollen zwar „nicht offiziell“ von einer Amnestie sprechen. Dennoch bieten sie mit der Initiative schätzungsweise bis zu einer Mio. Briten die Möglichkeit, Konten und Zinserträge im Ausland offen zu legen, ohne für eine daraus resultierende Steuerhinterziehung „voll“ bestraft zu werden.

„Andere Amnestien waren wesentlich großzügiger,“ sagen britische Steuerexperten. In Italien gab es während der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi 25 verschiedene Steuer-Amnestien. Auch Deutschland und Belgien haben versucht, Geld aus den Auslandskonten wieder nach Hause zu holen.

Wer sich bei den britischen Behörden melde, müsse schließlich sämtliche Erträge rückwirkend bis zu 20 Jahren versteuern und darüber hinaus noch Zinsen auf die überfällige Steuerschuld und einen 10-prozentigen Strafsatz auf diese zahlen.

„Englands Fiskus könnte ohne weiteres Einnahmen in Höhe von ein bis zwei Mrd. Pfund (bis zu 2,91 Mrd. Euro) aus dieser Initiative schlagen“, schätzt Stephen Camm von den Wirtschaftsprüfern PwC. Die Regierung biete ihren Steuerzahlen „wenig Zuckerbrot und viel Peitsche“.

Die Steuerfahnder Ihrer Majestät sehen sich neuerdings jedoch am längeren Hebel. Finanzminister Gordon Brown, der künftige Premier, hatte erst jüngst die fünf größten Geschäftsbanken des Landes Barclays, HSBC, HBOS, Royal Bank of Scotland und Lloyds TSB per Gerichtsbeschluss dazu gezwungen, Einzelheiten über die Offshorekonten ihrer Kunden offen zu legen. „Ein Entrinnen ist damit kaum noch möglich“, meint Camm.

Recht knapp ist denn auch der Termin (22. Juni) für die Meldepflicht von Konten und Zinsen im Ausland bemessen, jener für die Entrichtung der Steuern per 26. November. Wer die Unterlagen für die Zinserträge bis dahin nicht beschaffen könne, dürfe die Berechnung seiner Steuerschuld jedoch auf eine „vernünftige Schätzung“ basieren. Hinweise dafür sollen in Kürze auf der Website der Finanzbehörde Revenue & Customs erscheinen.

Steuerberater organisieren Notrufnummer

Steuerberater haben bereits eine Reihe von „Notrufnummern“ für die bedrängte Kundschaft eingerichtet. Chas Roy-Chowdhury, Chef der Vereinigung der Wirtschaftsprüfer, rät den Steuerzahlern des Landes dringend, die Meldepflicht zu nutzen. „Viel näher werden wir wohl kaum einer Amnestie kommen.“ Und die Strafen für das Verschweigen von Konten und Erträgen bestünden weiterhin in voller Höhe: ein Aufschlag von mindestens 30 Prozent auf Steuerschuld und gar deren Verdoppelung in schwerwiegenden Fällen der Hinterziehung.

Steuerexperten schließen nicht aus, dass auch Großbritannien dem Beispiel anderer Länder folgen wird und einigen „prominenten“ Steuerhinterziehern – zur Abschreckung – öffentlich den Prozess machen wird.

Inline Flex[Faktbox] JAGD AUF AUSLANDSKONTEN("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2007)

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