Ölmultis: Fusionieren Shell und BP?

Zusammenschluss. Die hohe Marktmacht der beiden Ölmultis dürfte zum Problem werden.

London. Zu keinem Zeitpunkt während der letzten sechseinhalb Jahre waren europäische Aktienwerte derart hoch im Kurs. Hauptverantwortlich für den Kurs-Rekord des Euro Stoxx, in dem die wichtigsten europäischen Werte versammelt sind: Die Kurssteigerungen der Index-Schwergewichte BP und Royal Dutch Shell. Je 2,5 Prozent konnten die beiden Werte allein am letzten Handelstag der Woche zulegen. Der Grund liegt in den wieder aufgeflammten Spekulationen über eine Fusion der beiden Mineralölmultis.

Seit geraumer Zeit waren Lord Browne, dem ambitionierten Vorstandsvorsitzenden von BP, derartige Pläne nachgesagt worden. Die Gerüchte um die Übernahme des britisch-niederländischen Rivalen Royal Dutch Shell durch BP halten sich seit Monaten. Gemeinsam würden die beiden Unternehmen rund 340 Mrd. Euro umsetzen. Zum Vergleich: Die gesamte Wirtschaftsleistung Österreichs betrug im Vorjahr rund 256 Mrd. Euro. Die Übernahme würde BP zudem größenmäßig knapp an den amerikanischen Konkurrenten Mobil Exxon heranführen (siehe Grafik).

Geteilte Meinung im Markt

Experten stehen einem möglichen Zusammenschluss von Shell und BP geteilt gegenüber: „Analysten-Fantasie“, „lächerlich“ und „saisonaler Schwachsinn“ übertrafen sich die Branchenkenner in London in ersten Einschätzungen. Die Einwände der Analysten sind zunächst die Regulative: „Tatsächlich könnte das Überschreiten der kritischen Größe Regierungen in einer Vielzahl von Ländern auf den Plan rufen“, ließ der Londoner Analyst Neil McMahon gegenüber dem Finanzdienstleister Bloomberg wissen. Gemeint ist, dass die Marktmacht der beiden den Wettbewerb beeinträchtigen könnte. Folge: Lange Verfahren sowie Zeit und Wertverlust durch Auflagen. Und: „Die Konzerne haben aufgrund ihrer Größe schon soviel Verhandlungsmacht, dass bessere Verträge mit Service-Unternehmen kaum möglich sind“ argumentiert Mc Mahon weiter.

US-Analysten sehen das Unterfangen positiver. Fadel Gheit – Analyst der Investmentbank Sal. Oppenheim – appelliert an Aktionäre, einer Übernahme von Shell durch BP offen gegenüberzustehen: „Shell kann durch die Übernahme von der Management Expertise bei BP profitieren“. Das Shell Management gilt nach verpassten Übernahmen der letzten Jahre und einem Relaunch der Marke, das letztlich „alles beim Alten“ ließ, als zögerlich. Hoch-profitabel sind aber beide Konzerne für sich. Shell konnte 2006 ein Rekordergebnis von 18,8 Mrd. Euro verzeichnen. Der Gewinn von BP ging 2006 zwar leicht auf 16,3 Mrd. zurück, 2007 soll jedoch wieder Ertragswachstum bringen.

ERDÖL-RANKING

1. Exxon Mobil, USA 339,938
2. Royal Dutch Shell,
NL/GB
306,731
3. BP,
GB 267,600
4. Chevron,
USA 189,481
5. ConocoPhilips,
USA 166,683
6. Total,
F 152,361
7. Sinopec,
China 98,785
8. ENI,
Italien 92,603
9. PDVSA,
Venezuela 85,618
10. China National Petroleum,

China 83,557
28. OMV,
Österreich 19,389
* Umsatz in Mrd. Dollar

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2007)

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