Ost-Facharbeiter wollen gar nicht nach Österreich

Österreich bekommt kaum Facharbeiter aus Osteuropa. Die sind nämlich schon längst in Großbritannien.

Wien (b.l./g.h.). Was wurde gestritten: 800 Schweißer, Dreher und Fräser aus Osteuropa dürfen seit Anfang Mai nach Österreich kommen. Das seien viel zu wenige, um den Facharbeitermangel zu beheben, meinte die Wirtschaft. Das seien zu viele, wetterte die Gewerkschaft. Man solle lieber österreichische Arbeitslose ausbilden.

Soviel zur Theorie. Wie die Praxis nun zeigt, hätte man sich die langwierige Diskussion ohnehin ersparen können. Denn gerade einmal 50 ausländische Facharbeiter sind seit Anfang Mai nach Österreich gekommen, 17 Anträge werden derzeit geprüft. Den Grund für den enden wollenden Zustrom aus dem Osten erklärt Arbeits-Staatssekretärin Christine Marek (VP): „Die meisten dieser Länder haben selbst bereits Facharbeitermangel.“

30 der 50 Facharbeiter kommen aus Ungarn. Aus Slowenien kommen acht, aus der Slowakei vier, aus Rumänien und Tschechien je drei und aus Polen zwei. 800 dürften es nicht so bald werden.

Gute Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern (ausgenommen Rumänien und Bulgarien) sind bereits in Irland und Großbritannien. Diese Länder haben ihre Arbeitsmärkte vollständig für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten geöffnet. Dass erste Welle der besten und fleißigste Facharbeiter aus Osteuropa längst an Österreich vorüber gezogen ist, diese Befürchtung hegt auch die Industriellenvereinigung.

Österreich und Deutschland zählen zu jenen alten EU-Ländern, die ihren Arbeitsmarkt am heftigsten vor Leuten aus den neuen EU-Staaten abschotten. Arbeitskräfte, die weder Facharbeiter, gut ausgebildete und gefragte Spitzenkräfte, Pflegekräfte oder Saisonarbeiter sind, dürfen frühestens 2009 ohne Einschränkung in den beiden Ländern arbeiten.

Spargel bleibt im Boden

Doch während in Österreich vorerst nur ein Mangel an Facharbeitern herrscht, gibt es in Deutschland schon Probleme, Saisonarbeiter aus Polen zu bekommen. In den Landwirtschaft fehlen 40.000 Erntehelfer. Auf den riesigen Spargelfeldern in Niedersachsen verrotten Tonnen an Spargel, weil keiner da ist, ihn zu ernten. In Brandenburg wurden 15 Prozent der Spargelfelder stillgelegt. Jene Polen, die früher als Saisonniers dort arbeiteten, verdienen ihr Geld heute in Großbritannien. Dass deutsche Arbeitslose auf den Feldern arbeiten könnten, wird von den Bauern bestritten. „Die halten keine drei Tage durch“, sagte ein Bauer einem deutschen Sender.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2007)

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