380-kV-Leitung: Gegner geben nicht auf

Die presse (Michaela Bruckberger)
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Starkstrom. Der Verbund verspricht „behutsames Vorgehen“ und Entschädigung.

Graz. Anfang Oktober soll es losgehen: Ab dann gilt die Schlägerungserlaubnis an der Trasse, ab dann will die Verbundgesellschaft mit der Realisierung der seit mehr als 20 Jahren geplanten 380-kV-Starkstromleitung durch die Oststeiermark beginnen. „Wir erwarten, dass die Gegner die positive Entscheidung des Umweltsenats akzeptieren“, sagt 380-kV-Projektleiter Wolfgang Hafner zur „Presse“.

22 Monate hat das Verfahren gedauert, bis die knapp 100 Kilometer lange Freileitung zwischen den Anschlussstellen im südburgenländischen Rothenturm und Zwaring südlich von Graz genehmigt war. 38 Gemeinden liegen im Leitungsbereich.

Fertigstellung 2009

Bis Mitte 2009 sollen die 340 Masten aufgestellt und die Stromleitung fertig sein. Zumindest wenn es nach den Verbund-Plänen geht, denn seit Beginn begleiten das Projekt vehemente Anrainerproteste. Mittlerweile sind die Höchstgerichte eingeschaltet.

Beim Verfassungsgerichtshof liegen drei Einsprüche, beim Verwaltungsgerichtshof haben die 18 Mitgliedsgemeinden der Gemeindeinitiative Beschwerde eingebracht, aufgedoppelt durch ebenso viele Einwendungen einzelner kommunaler Bürgerinitiativen. Ein Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde bereits abgelehnt. Verbund und Gegner rechnen mit einer endgültigen Entscheidung noch vor dem Sommer. „Ich bin Berufsoptimist“, sagt Projektleiter Wolfgang Hafner.

Verbund zahlt Weg zum Notar

Derzeit ist ein Team von 12 bis 14 Grundstücksentschädigern in den Gemeinden unterwegs, um Grundstücksbesitzern ein sogenanntes „Dienstbarkeitsübereinkommen“ vorzulegen, durch das der Verbund „für die Bestandsdauer der Leitung“ ein Nutzungsrecht eingeräumt bekommt. Die Entschädigungszahlungen – ein Mindestpreis wurde mit der Landwirtschaftskammer ausverhandelt – sind großzügig, selbst der Weg zum Notar wird mit 500Euro „subventioniert“.

Ängste und Zweifel bei den Anrainern sind geblieben. Dafür, sagt Hafner, habe er „vollstes Verständnis“ und verweist auf aufklärende Informationsabende. Dort kann man erfahren, dass die magnetischen Felder bei Haarfön und Mikrowellenherd um das 30- bis 80-Fache höher sind, dass für Gelbbauchunken und Rinder keine Gefahr bestehe und dass in Europa bereits 200.000 Kilometer Freileitungen (380 und 220kV) existieren.

Nur 200 Kilometer davon sind verkabelt. Die Gegner des steirischen Projekts wollen aber auch ihre Leitung unter die Erde verfrachten. Ein von den Leitungsgegnern eigens beim Wirtschaftsministerium eingereichtes Kabelprojekt wurde allerdings vor einem Jahr als „nicht den Kriterien der Versorgungssicherheit und nicht dem Stand der Technik entsprechend“ abgewiesen.

Gegner verweigern Gespräche

„Eine Stromleitung ist keine Behübschung“, gibt Hafner zu. Das Verbundprojekt werde sich aber „so schonend wie möglich“ in die Landschaft einfügen. Genau das bezweifelt Hermine Taucher, VP-Bürgermeisterin im oststeirischen Hofstätten an der Raab. Sie befürchtet Grundstücksentwertungen und „vermisst Gerechtigkeit“, weil jene Hausbesitzer, die knapp außerhalb des Trassenkorridors liegen, keine Entschädigung bekommen, während Besitzer von Wald- und Wiesengrundstücken in der Zone „Millionäre werden“.

„Solange diese Schere besteht, werden wir dem Projekt nicht zustimmen“, wettert die streitbare Ortschefin. Gespräche mit Verbundvertretern lehnt sie kategorisch ab. Sie lässt sich von „niemandem etwas sagen“. Auch nicht von der eigenen Landespartei, die – wie auch die SPÖ – mit Verweis auf die Versorgungssicherheit der Industrie in der Steiermark hinter dem Verbundprojekt steht.

Gemeinde zahlt Anwalt

Die oststeirischen Opponenten dagegen wollen hart bleiben und bis zu Enteignungsverfahren durchhalten. Die Hofstättener können dabei auf Unterstützung der öffentlichen Hand zählen: Im Gemeinderat wurde beschlossen, „im Kampf gegen den Riesen“ (Bürgermeisterin Taucher) die Kosten für einen Anwalt und Sachverständigen zu übernehmen.

Überhaupt „gewaltfreien Widerstand wie Ankettungen“ unterstützen würde der Grün-Landtagsabgeordnete Peter Hagenauer. „Das ist polemische Stimmungsmache“, kritisiert Verbund-Manager Hafner.

UMSTRITTENE LEITUNG

Die Starkstromleitung durch die Oststeiermark wird bereits seit gut 20 Jahren gefordert, geplant und bekämpft. Nachdem im Frühjahr alle Einsprüche abgewiesen wurden, dürfte der Bau der knapp 100 Kilometer langen Leitung im Herbst beginnen. Bis Mitte 2009 sollen die 340 Masten errichtet sein. Die Leitungsgegner wollen aber auch das verhindern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2007)

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