Energieversorgung: Ölkartell warnt vor Biotreibstoffen

Die Opec droht dem Westen mit einer Drosselung der Ölproduktion.

Wien(red.). Das Ölkartell Opec, das rund 40 Prozent der weltweiten Erdölförderung kontrolliert, war gegenüber Biotreibstoffen seit jeher skeptisch eingestellt. Der von Europa und den USA forcierte Ausbau der Produktion von Ethanol, Biodiesel und Co. als Maßnahme zur Bekämpfung des Klimawandels bereitet der Opec aber offenbar ernstes Kopfzerbrechen.

Das Kartell droht nun erstmals offen mit einer Kürzung der Ölförderung, sollte der Westen seinen „mittelfristig nicht nachhaltigen“ Ausbau der Biotreibstoffe nicht einbremsen. In einem Interview mit der „Financial Times“ meinte Opec-Generalsekretär Abdullah el Badri, dass der „Ölpreis durch die Decke gehen wird“, wenn der Westen so stark wie geplant in die Entwicklung alternativer Treibstoffe investiert.

Opec warnt vor Verknappung

Angesichts des vermehrten Einsatzes von Biokraftstoffen überlegt die Opec, die Investitionen in neue Produktionsanlagen zu kürzen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Opec will bis 2012 rund 130 Mrd. Dollar (knapp 100 Mrd. Euro) in den Ausbau ihrer Ölförderung investieren. Bis 2010 will das Kartell die jährliche Fördermenge (ohne Irak) von derzeit 35,7 Mrd. Fass auf 39,7 Mrd. Fass pro Tag steigern. Damit will das Kartell seine führende Stellung als größter Ölförderer der Welt ausbauen, weil gleichzeitig die Fördermenge in westlichen Regionen – etwa der Nordsee – leicht sinken wird.

Bis 2020 will das Kartell dann weitere 500 Mrd. Dollar in den Ausbau der Förderung investieren. Dieser Betrag hänge aber von der Entwicklung der Biotreibstoffe hab, warnt el Badri.

Biosprit kein Ersatz für Erdöl

Aus Sicht der Opec sind Biotreibstoffe auch mittelfristig noch kein Ersatz für Erdöl, da sie mit Lebensmitteln in Konkurrenz stünden. Schon jetzt seien die Biokraftstoffe dafür verantwortlich, dass die Lebensmittelpreise ihren größten Preissprung in 30 Jahren erleben würden. Diese Entwicklung sei „nicht aufrechtzuerhalten“, meint el Badri.

Der Opec-Generalsekretär glaubt, der von den USA und Europa forcierte Biotreibstoff-Ausbau werde „nach hinten losgehen“, weil er dazu führe, dass es keine Zuwächse bei Erdölproduktion mehr geben werde und gleichzeitig nicht genug Ethanol vorhanden sein werde. Und dann werden die Ölpreise „durch die Decke“ schießen, warnt el Badri.

Ölpreis auf 72 Dollar gestiegen

Am Donnerstag legte der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent im Londoner Handel auf über 72 Dollar zu. Verantwortlich dafür waren aber weniger die Drohungen der Opec, sondern Spannungen zwischen der Türkei und dem Irak, die Befürchtungen über eine erneute Gewalteskalation im Nahen Osten nährten.

Zudem sind einige Ölexporthäfen am Persischen Golf wegen des schwersten Zyklons seit 60 Jahren geschlossen. Zwar sind die Ölförderanlagen durch den Wirbelsturm kaum gefährdet, aber es werden Verzögerung im Schiffsverkehr erwartet: Durch die Straße von Hormus am Südausgang des Golfs gehen zwei Fünftel der weltweiten Öltransporte. Meteorologen sagten für die Meerenge bis zu elf Meter hohe Wellen voraus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2007)

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