Chipshersteller Kelly wird deutsch

Die Presse (Fabry)
  • Drucken

Nahrungsmittel. Die deutsche Intersnack übernimmt den österreichischen Marktführer.

WIEN. Die Sache ging schnell und diskret über die Bühne. Vor zwei Monaten kontaktierte Kelly-Chef Wolfgang Hötschl die Führung des deutschen Knabbergebäck-Riesen Intersnack (Pom-Bär, Goldfischli, Funny-Frisch, Chio). Der Grund: Hötschl bot Kelly zum Verkauf an. Intersnack zögerte nicht lange und schlug zu. Gestern, Donnerstag, wurde offiziell bekannt gegeben, dass Intersnack Kelly zur Gänze übernommen hat. Der Kaufpreis wird geheim gehalten.

Kelly erzielte 2006 einen Jahresumsatz von 106 Mio. Euro und beschäftigt 400 Mitarbeiter. Der Kartoffelchip-Riese stand im Eigentum von Schweizer Nordeck International (62,4 Prozent), Raiffeisen Ware Austria (25,1 Prozent) sowie der Familie Zach (12,5 Prozent).

Produktionsstandort Wien bleibt

Der Marktanteil in Österreich beträgt knapp 70 Prozent, über 200 niederösterreichische Landwirte beliefern Kelly mit Kartoffeln. Um ihren größten Kunden müssen diese nun nicht zittern, versichert Hötschl im Gespräch mit der „Presse“: „Der Produktionsstandort in Wien bleibt definitiv bestehen“, sagt er. Es sei sogar wahrscheinlich, dass Kapazitäten ausgeweitet würden. Intersnack war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Zwei Faktoren machen Hötschl so sicher, dass Intersnack weiterhin in Wien produzieren wird. So seien „die Fabriken auf dem neuesten Stand“, weshalb es keinen Sinn machte, diese zu schließen. Auf das Argument, Intersnack könne durch größere Produktionsmengen in Deutschland Geld sparen, entgegnet Hötschl: „Chips im Ausland zu produzieren und dann zu transportieren ist wegen der hohen Transportkosten so gut wie unmöglich.“ Kaum ein anderes Transportgut benötigt für wenig Wert so viel Platz.

Warum hat Intersnack Kelly also gekauft? „Wir sind in Südosteuropa extrem gut aufgestellt“, erklärt Hötschl. Davon könne der Gigant, der bislang in dieser Region schwach vertreten ist, profitieren. Kelly erzielt ein Drittel seines Umsatzes in Ex-Jugoslawien, Ungarn und der Slowakei. Ende 2005 kaufte das Unternehmen, zu dem auch die Marke Soletti gehört, eine Chips-Fabrik in Bosnien mit 34 Mitarbeitern.

Fokus auf „Light“-Produkte

Und warum schließt sich Kelly einem der größten Konkurrenten an, obwohl man selbst sehr stark wächst und laut eigenen Angaben äußerst profitabel agiert? Einer der Hauptgründe besteht darin, dass Kelly künftig verstärkt „Light“-Produkte anbieten will. Derzeit produziert man insgesamt 27.000 Tonnen Knabbergebäck pro Jahr, 100 Tonnen davon sind „light“.

„Aber gewissen Entwicklungen kann man sich einfach nicht verschließen“, sagt Hötschl. Doch habe man so gut wie keine Erfahrung im „Light-Geschäft“. Intersnack hingegen bietet diese Produkte bereits seit Jahren an und verfüge deshalb über entsprechendes Produktions-Know-How. Fettarmes Knabbergebäck wird anders als herkömmliches produziert und erfordert moderne Technologien.

Hötschl hat also seine Meinung geändert. Noch im Jänner sagte der Kelly-Chef zur „Presse“, dass er „Minus 30 Prozent Fett-Produkte nicht auf den Markt bringt“. Das sei „doch nur Augenauswischerei“. Im März stellte der Knabbergebäck-Hersteller schließlich seine ersten „Light“-Erdnüsse mit „Minus 30 Prozent Fett“ vor. Konkret heißt dies, dass der Fettanteil von 26 auf 19 Prozent sinkt. Nun dürften bald die ersten „Light“-Chips von Kelly folgen – mit Hilfe der deutschen Intersnack.

KELLY WURDE VERKAUFT

Die Schweizer Nordeck International hielt zwei Drittel an Kelly, der Rest gehörte der Raiffeisen Ware und der Familie Zach.

Die deutsche Intersnack übernahm nun den Chipshersteller. Der Standort Wien soll erhalten bleiben, versichert Kelly.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.