Mitarbeiterbeteiligung: ÖGB fürchtet Einbußen

AP (Michael Probst)
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Löhne. Die Wirtschaft will Löhne stärker der Ertragslage anpassen.

Wien(b.l.). Geht es nach Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, werden sich die Sozialpartner bald auf „vernünftige Modelle“ zur Mitarbeiterbeteiligung einigen. Für kleine Firmen sind seiner Ansicht nach eher Gewinnbeteiligungen geeignet, für große Beteiligungen am Unternehmen. Zwingen will Leitl niemanden: „Das ganze soll freiwillig sein und Freude und Spaß machen und motivierend sein“, sagte der Wirtschaftskammer-Chef im Ö1-Morgenjournal.

Bei der Gewerkschaft sieht man das anders. Mitarbeiterbeteiligungen seien ein Minderheitenprogramm, ließ Erich Foglar, Chef der Metallergewerkschaft, per Aussendung wissen. Am 28. September läuten die Metaller die Herbstlohnrunde ein. Geht es nach Foglar, kommt auch heuer wieder primär die so genannte Benya-Formel zum Tragen: „Abgeltung der Inflation plus ein Anteil am Produktivitätsfortschritt der jeweiligen Branche ist nach wie vor eine gute Formel für die Gestaltung der Einkommen der Beschäftigten“, meint er. Karl Proyer von der Gewerkschaft der Privatangestellten fordert, dass alle Arbeitnehmer von der steigenden Produktivität profitieren müssen, nicht nur die in gewinnträchtigen Betrieben.

Die Arbeitgeberseite bringt ein anderes Argument: Wenn es für alle dieselbe Lohnerhöhung gibt, müsse diese insgesamt moderater ausfallen, weil man sich nach den schwächsten Unternehmen richten müsse. 2006 hatten sich die Metaller auf einen Kompromiss geeinigt: eine 2,6-prozentige Lohnerhöhung plus eine Prämie in jenen Betrieben, die Gewinne schrieben.

Zinseszinseffekt wäre weg

Die Befürworter einer Mitarbeiterbeteiligung meinen, diese wäre eine Möglichkeit, die Arbeitnehmer mehr an den steigenden Unternehmensgewinnen partizipieren zu lassen. Die Lohnquote (Anteil der Löhne am Volkseinkommen) ist seit Jahren rückläufig. Freilich auch, weil die Unternehmen einen Gutteil ihrer Gewinne in Osteuropa erzielen und auch viele Arbeitnehmer über Aktien und Fonds selbst Unternehmensgewinne erzielen.

Die Gewerkschafter sind dennoch skeptisch. Ein stärkerer gewinnabhängiger Lohnbestandteil würde ihre Rolle bei den Lohnverhandlungen schmälern. Auch fiele der Zinseszinseffekt weg, den es jetzt gibt: Denn noch erhöht sich Jahr für Jahr die Basis für die Lohnerhöhung im nächsten Jahr meist deutlich stärker als die Inflation. Bei einer Gewinnbeteiligung würde sich die Basis jeweils nur um die Inflation erhöhen, erst dann käme die Prämie dazu.

STREIT UM LÖHNE

Bei der Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung geht es auch um die Frage: Sollen Löhne gleich stark steigen, oder soll das von den Gewinnen abhängig sein?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2007)

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