Schwacher Dollar - Billige USA: Ansturm aus Europa

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New York. Der schwache Dollar macht Amerika billig: Europäer kaufen Wohnungen und Häuser, Firmen erhöhen ihre Investitionen und auf Ebay drängeln sich europäische Bieter.

Washington. Selbst für amerikanische Verhältnisse ist New York nicht gerade billig. Eine Garconniere in Manhattan mit 40 Quadratmetern bekommt man nicht für unter 400.000 Dollar. Für eine simple Zwei-Zimmer-Wohnung muss man durchschnittlich 1,4 Mio. Dollar hinlegen, und wer 120 Quadratmeter in besserer Lage mit Blick auf den Central Park haben will, zahlt dafür mehr als 2,5 Mio. Dollar.

Doch mit dem starken Euro von jenseits der 1,40-Dollar-Marke werden die teuren Bleiben im „Big Apple“ auf einmal für viele Europäer erschwinglich. „Mit dem Verfall des Dollars gibt es auf alles in den USA seit 2001 mehr oder weniger einen 60-Prozent-Rabatt“, erklärt ein Wirtschaftsexperte in Chicago. Der Effekt: „Die Nachfrage aus Europa nach Immobilien in Manhattan steigt stetig“, bestätigt die Österreicherin Ingeborg Schmidinger, die als Immobilienmaklerin in New York arbeitet.

Wohnung statt Hotel

In den vergangenen 18 Monaten hat beispielsweise die Londoner Investmentfirma „Dawnay, Day“ um 250 Mio. Dollar 47 Gebäude in Harlem gekauft. „Wir haben Investoren und Immobilienfirmen aus Spanien, Italien, Großbritannien und Israel, die sehr aktiv am Markt sind und sich vor allem für Appartement-Häuser interessieren“, erzählt Shimon Shurky von Massey Knakal Realty.

Doch nicht nur die Großen schlagen zu. Auch vermögendere Einzelpersonen nutzen den billigen Dollar. „Das geht von Geschäftsleuten, die oft in New York sind, bis zu Familien, die gerne hier einkaufen und denen die Hotels zu teuer und unpersönlich sind, bis zu Eltern, die für ihre Kinder eine Wohnung einkaufen, falls sie einmal in New York studieren wollen“, erzählt Schmidinger.

1,3 Mio. für ein Appartement

Andere, „die etwas Geld übrig haben – und das sind gar nicht so wenige – “, sähen Immobilien in New York als Anlagemöglichkeit. Das Interesse aus Österreich und Deutschland sei jedenfalls „groß“ und trägt dazu bei, die Stadt beim Immobilienmarkt zu einer „Insel der Seligen“ (Schmidinger) zu machen. Im Gegensatz zum Rest der USA, das unter sinkenden Preisen und mangelnder Nachfrage leidet, steigen die Wohn- und Hauspreise in New York: Im Vergleich zu 2006 um neun Prozent. Der durchschnittliche Verkaufspreis für ein Appartement in Manhattan betrug im dritten Quartal dieses Jahres 1,37 Mio. Dollar.

Doch nicht nur auf dem Immobilienmarkt macht sich der schwache Dollar bemerkbar. Europäische Firmen sind auf einer regelrechten Einkaufs- und Investitionstour in den USA. Heuer investieren ausländische Firmen laut einer Untersuchung der Außenhandelsstelle der Wirtschaftskammer in Chicago 238 Mrd. Dollar in den Vereinigten Staaten. 2006 waren es noch lediglich 175 Mrd. Dollar.

BMW X3: Minus 22 Prozent

„Voestalpine übernimmt Metallfirmen in den USA, Böhler-Uddeholm hat seine Aktivitäten verstärkt, ebenso Wienerberger“, erzählt Franz Rössler, österreichischer Außenhandelsdelegierter in Chicago. Bei jeder fünften Firmenübernahme in den USA sei heuer ein ausländischer Investor involviert. Gerade die Bereiche Technologie, Industrie und Finanzen seien interessant. Und natürlich Immobilien: „Zwei große Immobilienfirmen aus Österreich haben neulich in Chicago nach Objekten gesucht.“

In der Handelsbilanz schlägt sich der schwache Dollar mit steigenden Importen nieder. Österreichs Importe aus den USA stiegen im ersten Halbjahr 2007 um 10,8 Prozent, berichtet Christian Kesberg, Handelsdelegierter in New York. Die Exporte in die USA sanken dagegen im Vergleich zu 2006 um 8,5 Prozent (in der 2006er Statistik waren aber auch die restitutionierten Klimt-Bilder als Exporte enthalten). Im Detail gibt es teils dramatische Einbrüche: So gingen etwa die Exporte des in Graz hergestellten BMW X3 in die USA im ersten Halbjahr 2007 um 22 Prozent zurück.

Und noch einen kleinen Rekord gibt es: Ebay-USA berichtet, dass man noch nie so viele Gebote aus Europa – vor allem für Apple iPods – verzeichnet habe.

AUF EINEN BLICK

Für Europäer sind dank der schwachen US-Währung die Vereinigten Staaten zum Einkaufsparadies geworden. Das gilt auch für Immobilien im sonst so teuren New York.

Während im Rest der USA wegen der Hypotheken- und Kreditkrise Immobilienpreise und Nachfrage sinken, sind heuer die Wohn- und Hauspreise in New York gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent gestiegen.

Der schwache Dollar veranlasst auch zahlreiche europäische Firmen zu Einkaufs- und Investitionstouren in den USA. Im Gegenzug gehen die Exporte in die Vereinigten Staaten teilweise dramatisch zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2007)

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