Viele Köche verderben den Ölpreis

AP (HASAN JAMALI)
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Der Preis für das schwarze Gold kratzt an der 100 Dollar-Marke. Tragen wirklich die Spekulanten schuld am hohen Ölpreis? Oder gehen der Erde einfach die Reserven aus?

Atempause an den Rohölmärkten. Am Freitag sank der Preis für ein Barrel Rohöl wieder unter 94 Dollar. Ein kurzes Aufatmen auf hohem Niveau: Denn für die kommenden Wochen erwarten Analysten den Sprung über die 100 Dollar-Marke. Vor nur drei Jahren kostete ein Barrel Rohöl gerade halb so viel.

Nervosität schwappt auf Europa über

Die Öl-Rekordwerte haben auch die EU-Bürokraten auf den Plan gerufen. Bislang wurde Europa dank des starken Euros ja vom hohen Ölpreis weitgehend verschont. Nun hat aber EU-Energiekommissar Andris Piebalgs das Ölkartell Opec aufgefordert, die Fördermengen zu erhöhen und den Preis zu stabilisieren. Der Chefökonom der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, spricht von einem geistigen "Erdbeben" in Sachen Ölpreisentwicklung, wenn er an seine Vorbereitung zum IEA-Jahresbericht, der nächste Woche erscheinen soll, denkt.

Preistreiber: Öl-Spekulanten...

Schuld an der anhaltenden Preisralley sind nicht nur die zunehmend ausgeschöpften Rohstoffreserven der Erde. Anleger und Spekulanten bestimmen den Ölpreis momentan sehr stark. Und die haben die 100 Dollargrenze fest im Blick. Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank, berichtet der "Financial Times Deutschland" von "wahrer Partylaune an den Rohstoffmärkten". Die Zahl derer, die aus rein spekulativen Gründen Öl kaufen, sei derzeit besonders hoch, sagt er. Langfristig rechnen Experten wieder mit einer Korrektur nach unten, wenn die Spekulanten ausreichend Gewinn lukriert haben und ihre Anteile abstoßen.

...oder realpolitische Entwicklungen

Es gibt allerdings auch handfeste Argumente für die steigenden Rohölpreise - und damit gute Gründe dafür, dass Öl auch künftig auf hohem Preisniveau bleibt.

  • Die Lagerbestände in den USA haben vergangene Woche den tiefsten Wert seit zwei Jahren erreicht. Je knapper ein Gut, desto teurer wird es gehandelt.
  • Produktionsausfälle: Mexiko fördert derzeit 600.000 Barrel Öl weniger am Tag als geplant, weil ein Sturm mehrere Bohrinseln stark beschädigt hat.
  • Der drohende Einmarsch der Türkei in den erdölreichen Nordirak als ein Beispiel für anhaltende geopolitische Risiken.
  • Ein schwacher Dollar - jüngst einzementiert durch die Zinssenkung der US-Notenbank. Sinkt der Wert der Handelswährung (Dollar), muss für die gleiche Menge Öl mehr bezahlt werden.
  • Der wachsende Ölhunger der aufstrebenden Wirtschaftsmächte in Asien. Auch China bekam jüngst die Rohstoffknappheit zu spüren. In Peking ging erst kürzlich der Treibstoff aus. Die folgenden Schlägereien an den Zapfsäulen forderten gar Tote.

Ausgepumpte Erde

Nicht zuletzt sind die sinkenden Erdölvorräte der Erde ein gewichtiges Argument für hohe Ölpreise. 40 Prozent aller Ölvorräte gelten schon heute als abgebaut. In spätestens zehn bis 15 Jahren wird die Ölforderung sukzessive zurückgehen, prognostiziert das deutsche Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Große Ölfunde sind nicht mehr zu erwarten.

Auch das "Rennen" um bislang unbekannte Vorräten in Antarktis und Arktis sieht der Rohstoffexperte Hilmar Rempel mit großer Skepsis. "Generell ist zu erwarten, dass in der Arktis Einiges liegt", sagt er in einem Zeitungsinterview. Vermutlich aber mehr Gas als Öl. In Rempels Kollegenschaft ist die Suche nach dem letzten Tropfen des schwarzen Goldes ohnedies stark umstritten. "Niemand denkt ernsthaft an die Antarktis" sagt Peter Kehrer im Gespräch mit dem "Spiegel". "In 50 Jahren haben wir etwas viel Intelligenteres als Öl."


(mac)

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