Quergeschrieben: Halbiert ist nicht geschwächt

Eine Replik auf Doron Rabinovicis Text "Der Mythos von Schüssels Konzept".

W
as passiert, wenn eine rechtspopu listische Partei von den anderen Parteien konsequent ausgegrenzt und damit von jeglicher Teilhabe an der Regierung ferngehalten wird, kann man derzeit in Belgien studieren. Dort erreicht der FPÖ-artige "Vlaams Belang" in den vergangenen Jahren regelmäßig bis zu fast 35 Prozent der Stimmen (dass er bei den jüngsten Wahlen nur noch auf hohem Niveau stagnierte und nicht Nummer 1 wurde, liegt vor allem daran, dass Immigranten in Belgien neuerdings extrem schnell eingebürgert werden).

Was hingegen passiert, wenn eine rechtspopulistische Partei samt ihrem bresthaften Personal in eine Regierung eingebunden wird, kann man in Österreich studieren. Zwischen 1999 und 2006 sank die Anzahl der Nationalratsabgeordneten von FPÖ und BZÖ bekanntlich um nahezu 50 Prozent, von 52 auf 28 Mandate.

Ganz offensichtlich ist also nicht die Ausgrenzung (in Belgien "Cordon Sanitaire" genannt), sondern die Einbindung eine effiziente Methode, rechtspopulistische Parteien zu schwächen. Ein ganz ähnlicher Wirkungszusammenhang war ja auch anderswo zu besichtigen. Man mag das unsympathisch finden, aber Fakten verschwinden bedauerlicherweise nicht, bloß weil man sie nicht mag.

Umso kurioser ist freilich, dass jeder, der öffentlich diesen eher schlichten Tatbestand konstatiert - wie unlängst auch der Autor dieser Kolumne -, von den selbsternannten publizistischen Hütern der sogenannten Zivilgesellschaft sofort schroff zurechtgewiesen wird.

"Christian Ortner ... schrieb, der Kanzler habe den Rechtspopulismus durch die Regierungsbeteiligung geschwächt und gespalten... Diese These ist jedenfalls widerlegt", meint etwa der Autor Doron Rabinovici in der "Presse" vom 31.10.06 unter dem Titel "Der Mythos von Schüssels Konzept".

Aha. Der Umstand, dass die FPÖ binnen sechs Jahren an der Regierung auf die Hälfte zusammenschrumpfte widerlegt also die These, wonach die Einbindung in die Regierung den Rechtspopulismus schwächt.

Mag ja sein, dass Doron Rabinovici das irgendwie so fühlt. Mit den Gesetzen der Logik ist dieser Standpunkt freilich nicht einmal bei Nachsicht aller Faxen kompatibel. Ob Schüssel dabei irgendein Konzept verfolgt hat oder nicht, ist weitgehend belanglos: was in der Politik zählt, ist das Ergebnis. Und das ist doch ziemlich eindeutig.

Warum Doron Rabinovici und andere linksliberale Publizisten diese simple Einsicht verweigern, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Denkbar ist freilich, dass für jene, die Schüssels Regierung nicht so sehr wegen ihrer politischen Inhalte, sonder vor allem der Koalition mit der FPÖ wegen (mit guten Gründen) antagonistisch gegenüberstanden, sich natürlich besonders schwer tun mit dem Gedanken, dass justament die nachhaltige Schwächung der Rechtspopulisten ein wesentliches Ergebnis dieser vergangenen sechs Jahre ist.

Man kann das irgendwie verstehen: dass Schüssels Regierung letztlich bewirkte, woran sämtliche Donnerstags-Demos und Lichtermeere scheiterten, ist nicht nur für Rabinovici offenkundig nicht ganz leicht zu akzeptieren.

Christian Ortner ist Journalist in Wien.

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