Quergeschrieben: Neulich im Un-Sicherheitsrat (sic!)

Je mehr sich die Iran-Krise zuspitzt, um so mehr zeigt sich - wieder einmal - die Fehlkonstruktion der UNO.

V
eranstaltete man angesichts der im mer dramatischer werdenden Krise um die Atomwaffen-Pläne des Iran eine Meinungsumfrage, wer am besten geeignet ist, die Gefahr eines neuen Krieges im mittleren Osten abzuwenden, würde vermutlich eine Mehrheit der Österreicher treuherzig mit "die UNO" antworten. Es ist dies eine Annahme, die leider genauso weltfremd ist wie die verbreitete Vermutung, die Neutralität (und nicht die Nato) habe uns während des Kalten Krieges vor der Sowjetunion geschützt.

Stattdessen deutet sich bereits jetzt an, lange bevor die Konfrontation mit den Islamofaschisten in Teheran den mutmaßlichen Höhepunkt erreicht hat, dass die UNO wie in allen wirklich gefährlichen Krisensituationen der letzten Jahrzehnte vor allem wieder einmal eines unter Beweis stellen wird: die Überschaubarkeit ihres Nutzens in der Auseinandersetzung mit einem Regime wie jenem der Mullahs.

Denn es ist zwar absehbar, dass die iranischen Nuklearwaffenambitionen irgendwann in den nächsten Monaten vom UNO-Sicherheitsrat behandelt werden müssen, doch dem ist sozusagen eine Hand auf den Rücken und ein Bein an eine Eisenkugel gebunden. Da jede Maßnahme gegen den Iran - vom Wirtschaftsembargo bis zur theoretischen Ermächtigung militärischen Vorgehens - der Einstimmigkeit bedarf, wird der Sicherheitsrat kaum irgendetwas unternehmen, was Teheran auch nur irgendwie beeindrucken würde. Europäische Wirtschaftsinteressen, Russlands geostrategische Interessen und Chinas Bedarf an iranischem Öl werden aller Wahrscheinlichkeit nach dafür sorgen, dass der UNO-Sicherheitsrat keine Maßnahmen gegen die Mullahs sanktionieren wird, die denen ernsthaft nachzudenken geben.

Dass die Mullahs schon jetzt zu verstehen geben, die Vereinten Nationen mögen sich doch bitte brausen gehen, zeigt deshalb eine in diesem Fall durchaus realistische Einschätzung der internationalen Machtverhältnisse durch Teheran. Absehbar ist daher, dass der UNO-Sicherheitsrat in den nächsten Monaten ein paar Resolutionen gegen den Iran verhängen wird, äußerstenfalls sogar irgendeinen halbherzigen Boykott - und der Iran sich darum nicht scheren wird und weiter an der Bombe bauen wird.

Und dann? Mohammed ElBaradei, Chef der UNO-Atomenergiebehörde IAEO, Friedensnobelpreisträger und als Gegner des Irak-Krieges von den Amerikanern als Weichei verhöhnt, meint dazu: "Diplomatie ist nicht nur Reden, Diplomatie braucht auch Druckmittel, und in extremen Fällen Gewalt."

Wenn der Friedensnobelpreisträger Recht behält - wofür leider vieles spricht - und militärische Gewalt gegen den Iran als ultima ratio notwendig werden wird - wofür leider auch vieles spricht - ist absehbar, welche Rolle die UNO in diesem Drama spielen wird: keine irgendwie relevante. Es ist im Fall Iran so wie immer, wenn es brenzlig wird: Sind sich die mit einem Veto in der UNO ausgestatteten Supermächte einig, wird sie nicht gebraucht; sind sie sich nicht einig, wird sie nichts nützen. Auch wenn viele Österreicher das ganz anders sehen.

Christian Ortner ist Journalist in Wien.

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