Wenn Sisi und Franz Joseph auferstehen

Jahreswechsel. Der Kaiserball eröffnet seit 36 Jahren die Ballsaison. Die Mischung aus Kitsch und Historie zieht Touristen zu Silvester in die Hofburg. Wohlhabende vor allem.

Auf der Feststiege in der Hofburg stehen Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph. Sie schütteln artig jedem Ballbesucher die Hand. An den Galatischen begrüßen kaiserlich-königliche Kellner ihre Gäste. Und um Mitternacht wünschen "Franzl" und "Sisi" in fünf verschiedenen Sprachen ein fröhliches neues Jahr.

Wir schreiben das Jahr 2006 und die "Kaiserzeit" steht offenbar noch immer hoch im Kurs. Zumindest hat sie ihre Fans. Ausländische Fans. Einmal im Jahr verwandelt sich die Hofburg in einen Ball, der an den traditionellen Faschingsbällen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Anleihen nimmt. Am Silvesterabend sind alle Ballsäle der Hofburg frei zugänglich. Nur die Redoutensäle bleiben geschlossen, die werden nur beim Wiener Kaffeesiederball geöffnet. Von Österreichern und prominenten Gästen ein wenig verschmäht, wird die Hofburg in der Kaiserball-Nacht von mehr als 2000 Gästen aus Frankreich, den USA, Deutschland und Skandinavien gestürmt. Die greifen für den Jahreswechsel im historischen Gewand auch tief in die Taschen.

Die Idee des Balls entstand 1970. Damals wurden die Kongressräumlichkeiten der Hofburg privatisiert und die Direktion wollte mit einem eigenen "Hausball" zeigen, was das Haus alles kann. "Das ist auch heute noch so", sagt Regina Macho, Verantwortliche für den Ball seit 16 Jahren. In dieser Funktion versucht sie vor allem, Spezialwünsche von weit gereisten Gästen zu erfüllen. Denn der historische Rahmen und die kaiserlichen Gastgeber animierten mehrere Gäste in den vergangenen Jahren, den Kaiserball mit einem besonderen Anlass zu verbinden. Vor knapp acht Jahren wollte ein jüdisches Paar aus den USA vor dem Ball ihre Hochzeit begehen. Ein Teil der Eingangshalle in der Hofburg wurde dem Paar zur Verfügung gestellt. Musiker und das obligate Glas, das bei jüdischen Hochzeiten zertreten wird, inklusive. "Wobei wir auch ausreichend Servietten besorgt haben, damit das Glas nicht den Boden der Hofburg zerstört".

Ebenfalls aus den USA stammt ein Paar, das sich vor fünf Jahren am Kaiserball verlobte. Zwei Jahre später heirateten die beiden in der Hofburgkapelle und luden im Anschluss Freunde und Verwandte zum Ball. Der Bräutigam war Mitglied der US-Armee und wollte deswegen in Gala-Uniform heiraten. Den dazugehörigen Säbel durfte er aber nicht mit ins Flugzeug nehmen. Mit Regina Machos Hilfe konnte ein Ersatz-Säbel aufgetrieben werden: Die Ehefrau von Hofburg-Direktor Straub besorgte einen Säbel ihres Urgroßvaters.
Wenn den Kaiserball zwar kein Star-Glamour umhüllt, so zieht er doch zumindest Frühstücks-Fernsehshows und Kuppel-Sendungen in aller Welt an. Ein belgischer Fernsehsender bat das Kaiserball-Komitee etwa, Traummänner für die drei weiblichen Mitglieder einer Familie zu suchen: Großmutter, Mutter und Tochter gingen in der Wiener Hofburg vor laufender Kamera auf Prinzenschau.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.