Deutschland: Beschneidung als "Körperverletzung"

Symbolbild: Die Beschneidung eines muslimischen Buben, aufgenommen in Bulgarien.
Symbolbild: Die Beschneidung eines muslimischen Buben, aufgenommen in Bulgarien.(c) AP (PETAR PETROV)
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Das Kölner Landgericht stuft die Beschneidung von Buben aus religiösen Gründen als "rechtswidrige Körperverletzung" ein.

Die Beschneidung von Buben aus religiösen Gründen ist nach Auffassung des Kölner Landgerichts grundsätzlich strafbar. In einem am Dienstag veröffentlichten Urteil sprach das Gericht einen Arzt, der einen Buben beschnitten hatte, zwar frei. Dies jedoch nur mit der Begründung, dass der Arzt von der Strafbarkeit nichts gewusst habe und deshalb einem "Verbotsirrtum" unterlegen sei. Tatsächlich müssten Beschneidungen als "rechtswidrige Körperverletzung" betrachtet werden, urteilte das Landgericht. Über das Urteil hatte als erstes die "Financial Times Deutschland" berichtet.

In dem Kölner Fall hatte ein Arzt einen Vierjährigen auf Wunsch der muslimischen Eltern beschnitten. Zwei Tage später kam es zu Nachblutungen, die Mutter brachte den Buben in die Notaufnahme. Davon erfuhr die Kölner Staatsanwaltschaft und erhob Anklage gegen den Arzt. Das Amtsgericht Köln sprach den Mediziner in erster Instanz frei, weil eine Einwilligung der Eltern vorgelegen sei. Außerdem sei die Beschneidung eine "traditionell-rituelle Handlungsweise zur Dokumentation der kulturellen und religiösen Zugehörigkeit zur muslimischen Lebensgemeinschaft".

Das Landgericht bestätigte den Freispruch, doch aus ganz anderen Gründen. Es verwies darauf, dass der Arzt geglaubt habe, er würde rechtmäßig handeln. Dies sei aufgrund der bisher unklaren Rechtssituation auch glaubhaft. Tatsächlich aber müssten Beschneidungen in einem solchen Fall als illegal betrachtet werden, da sie die körperliche Unversehrtheit des Kindes beeinträchtigten. Das Landgericht bestätigte, dass die Beschneidung in dem vorliegenden Fall medizinisch fachgerecht vorgenommen worden sei. Es wies außerdem darauf hin, dass Beschneidungen weiterhin legal seien, sofern sie medizinisch geboten seien, etwa aufgrund einer Vorhautverengung.

(APA)

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