Transparenz: Das Gesetzespaket im Überblick

Transparenz Gesetzespaket ueberblick
Transparenz Gesetzespaket ueberblick(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Der Nationalrat beschließt bei einer Sondersitzung das lange angekündigte "Transparenzpaket". Ein Überblick über die geplanten Maßnahmen.

Der Nationalrat beschließt bei einer Sondersitzung am Mittwoch das lange angekündigte "Transparenzpaket". SPÖ und ÖVP wollen damit einen politischen Schlussstrich unter die Parteispendenskandale und Korruptionsaffären der vergangenen Monate ziehen. Kernpunkt ist die Verschärfung der Offenlegungspflichten für Parteien, die SPÖ und ÖVP gemeinsam mit den Grünen beschließen, sowie ein neues Korruptionsstrafrecht. Beim ebenfalls geplanten Lobbyistenregister und bei neuen Transparenzregeln für Abgeordnete wird die FPÖ mit der Koalition stimmen. Im letzten Moment gab es noch einige Änderungen.

PARTEIFINANZEN unterliegen künftig strengeren Transparenzbestimmungen. Während Zuwendungen von privaten Wohltätern bisher im Dunkel blieben, müssen Parteispenden ab 3500 Euro jährlich künftig gemeldet werden, Einnahmen aus Sponsoring ab 12.000 Euro. Bundes-, Landes- und Bezirksparteien werden zusammengerechnet. Inserate sind ab einem Stückpreis von 3500 Euro offenzulegen. Spenden ab 50.000 Euro werden sofort veröffentlicht. Umsätze von Parteifirmen mit dem Staat werden erfasst, Parteispenden von öffentlichen Unternehmen (ab 25 Prozent Staatsanteil) verboten. Ebenso Auslands- und Barspenden ab 2500 sowie anonyme Spenden ab 1000 Euro. Auch die Rechenschaftsberichte der Parteien sollen aussagekräftiger werden.

- Erstmals gibt es auch SANKTIONEN: Verstöße gegen die Spendentransparenz werden mit Strafzahlungen bis zum Dreifachen der zu Unrecht kassierten Zuwendung geahndet, die verantwortlichen Funktionäre können bis zu 20.000 Euro zahlen. Bei falschen Angaben über Sponsoring und Inserate sowie im Rechenschaftsbericht werden bis zu 30.000 Euro fällig, bis zu 100.000 Euro für falsche Angaben über Parteiunternehmen.

Die Wahlkampfkostenbegrenzung wurde nun gegenüber der Regierungsvorlage entschärft. Zwar bleibt es bei der Kostenobergrenze von 7 Millionen Euro je Partei. Die Strafzahlung macht nun aber maximal 20 Prozent der Überschreitung aus, in der Regierungsvorlage war das bis zu Dreifache der Überschreitung vorgesehen.
Die Kontrolle übernehmen die Wirtschaftsprüfer der Parteien und der Rechnungshof. Dieser kann zwar nicht in die Bücher der Parteien Einschau halten, im Zweifelsfall aber einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestellen. Zur Verhängung der Geldbußen wird ein "Parteien-Transparenz-Senat" eingerichtet.
Inkrafttreten soll der Großteil der Reform ab 1. Juli (daher auch die Sondersitzung), lediglich die Bestimmungen über Rechenschaftsberichte und Kontrolle ab 1. Jänner 2013. Die ersten Spendenlisten sollten also bis 30. September 2013 vorliegen, die ersten Rechenschaftsberichte nach dem neuen System bis 30. September 2014. Gelten werden die Regeln für Parteien und Teilorganisationen sowie für parteinahe Organisationen mit Ausnahme von Sport- und Wohlfahrtsvereinen.

PARTEIENFÖRDERUNG: Die staatliche Parteienförderung wird neu geregelt und auf Bundesebene deutlich angehoben. Künftig gilt ein "Korridor" mit Unter- und Obergrenzen (3,1 Euro bzw. 11 Euro pro Wahlberechtigtem) jeweils für Bund, Länder und Gemeinden. Die Bundesförderung wird innerhalb dieses Korridors mit 4,6 Euro festgelegt. Dies bedeutet eine Verdoppelung der jährlichen Parteienförderung von 15,259 auf 29,13 Mio. Euro. Im Gegenzug wird die Wahlkampfkostenrückerstattung nach Nationalratswahlen (14 Mio. Euro) gestrichen, nach EU-Wahlen werden nur tatsächlich geleistete Kosten abgegolten (maximal zwei Euro je Stimmbürger). Außerdem wird die Parteienförderung regelmäßig an die Inflation angepasst.

Inkrafttretenwird die Anhebung der Parteienförderung (sie wird von SPÖ und ÖVP im Alleingang beschlossen) sowie der mit den Stimmen der Grünen abgesegnete "Korridor" mit 1. Juli. Somit erhöht sich die Parteienförderung des Bundes schon im zweiten Halbjahr 2012. Differenzbeträge werden laut Gesetzesentwurf Anfang 2013 - also rechtzeitig vor der Nationalratswahl - ausgeschüttet. Die für die Parteienförderung in Ländern und Gemeinden festgelegte Obergrenze von insgesamt 22 Euro pro Wahlberechtigtem dürfte in Oberösterreich und Wien zu Kürzungen führen. Anpassungen sind laut Entwurf bis Jahresende vorzunehmen.

KORRUPTION: Das Korruptionsstrafrecht (insbesondere für Politiker) wird durch das Transparenzpaket verschärft. Konkret wird die 2009 vorgenommene weitgehende Entkriminalisierung der Bestechung von Regierungsmitgliedern, Landeshauptleuten und Bürgermeistern wieder zurückgenommen. Auch sie riskieren nun (abhängig von der Höhe der Zuwendung) bis zu fünf Jahre Haft, wenn sie für ein an sich pflichtgemäßes Amtsgeschäft einen Vorteil fordern oder einen "ungebührlichen Vorteil" annehmen (also mehr als nur landesübliche Aufmerksamkeiten).

Auch das 2009 entkriminalisierte "Anfüttern" von Politikern und Beamten wird neu geregelt. Darunter versteht man den Versuch, sich "Amtsträger" mit regelmäßigen Zuwendungen gewogen zu halten, weil man sie später einmal brauchen könnte. Künftig gilt: Wer "mit dem Vorsatz, sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen zu lassen" Geschenke fordert oder einen "ungebührlichen Vorteil" annimmt, riskiert bis zu fünf Jahre Haft (§306 StGB "Vorteilsannahme zur Beeinflussung"). Allerdings muss der Vorsatz nachgewiesen werden, was Verurteilungen laut Experten erschweren wird. Einen "geringfügigen Vorteil" (im Wert von rund 100 Euro) dürfen Beamte und Regierungspolitiker weiterhin annehmen.

Ebenfalls strafbar wird die aktive und passive Bestechung von Abgeordneten, die künftig behandelt werden wie andere "Amtsträger" auch (die Definition des "Amtsträgers" in §74 StGB wird so angepasst, dass sie auch Abgeordnete umfasst).

Inkrafttreten werden die Neuerungen mit 1. Jänner 2013.

LOBBYING wird künftig mit einem "Lobbying- und Interessensvertretungsgesetz" geregelt. Dieses sieht u.a. vor, dass sich professionelle Lobbyisten künftig registrieren müssen. Die strengsten Regeln gelten für Lobbying-Agenturen, die neben den Namen und Geburtsdaten ihrer Lobbyisten auch ihre Auftraggeber melden müssen. Letzteres ist allerdings nicht öffentlich einsehbar. Außerdem gelten die neuen Regeln nicht für Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder. Die FPÖ stimmt mit, Grüne und BZÖ lehnen das Gesetz ab. In Kraft treten soll das Gesetz mit 1. Jänner 2013.

NEBENJOBS von Abgeordneten sollen künftig ebenfalls ein wenig transparenter werden. Entsprechende Änderungen im Unvereinbarkeitsgesetz und im Bezügebegrenzungsgesetz (ein Verfassungsgesetz) werden voraussichtlich von SPÖ, ÖVP und FPÖ beschlossen. Derzeit müssen Abgeordnete nur angeben, von welchen Firmen und Organisation sie mehr als 1.142,40 Euro jährlich (sic!) erhalten. Künftig sind fünf Kategorien vorgesehen: Einkommen bis 1.000 Euro, bis 3.500 Euro, bis 7.000 Euro, bis 10.000 und über 10.000 Euro monatlich.

Ähnlich wie beim Lobbyistengesetz sind auch hier Freiberufler (Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer) weitgehend von den Transparenzbestimmungen ausgenommen. Sie müssen zwar ihr Einkommen aus dieser Tätigkeit beziffern, aber weiterhin keinerlei Angaben über Auftraggeber und Kundenstruktur machen. Auch Strafen bei Verstößen sind nicht vorgesehen.

(APA)

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