Parlament: Die etwas getrübte Transparenz-Show

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Der Nationalrat beschloss das Transparenzpaket. Eine Chance für die Politik, sich reinzuwaschen. Doch die höhere Parteienförderung störte die Inszenierung.

Wien. „Darf ich um ein bisserl mehr Aufmerksamkeit bitten?“ Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) war unzufrieden damit, dass die Abgeordneten zu Beginn der Sondersitzung lieber schwätzten, als dem Vorsitz zu lauschen. Schließlich sollte gerade am gestrigen Mittwoch demonstriert werden, wie anständig die Politik sein will: Der Beschluss des Transparenzpakets, das strengere Korruptionsregeln und gläserne Parteikassen bringen soll, stand an.

„Klare, ja fast radikale Regelungen“ beschließe man, betonte SPÖ-Klubchef Josef Cap. Der Untersuchungsausschuss habe zwar einiges Verwerfliches zutage gebracht, genau deswegen benötige man ja nun die neuen Gesetze. Aber der Großteil der Mandatare sei „fleißig“, arbeite „unter einem fast 24-stündigen Einsatz“ und gebe „über Parteigrenzen hinweg ihr Bestes“. Während Cap seine Thesen mit der rechten Hand auf- und abwärts gestikulierend vortrug, las ÖVP-Mandatar Günther Stummvoll in Ruhe Zeitung. Das sollte sich zunächst auch nicht ändern, als ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf in seiner Rede für die Novelle warb. Als Kopf aber die höhere Parteienförderung verteidigte und die Worte „Parteien sind das Grundinstrument für unsere Demokratie“ sprach, war ihm die volle Aufmerksamkeit plötzlich sicher. Es setzte spontan Applaus vom gesamten ÖVP-Klub ein, dem zuvor ebenfalls mit ernster Mimik auftretenden Kopf entkam nun ein Lächeln.

Auch Kopf lobte die „strengsten Transparenzregeln, die es in Europa gibt“. Die Novelle sieht vor, dass Parteispenden ab 3500 Euro künftig offengelegt werden müssen. Zudem werden Lücken im Korruptionsstrafrecht geschlossen und etwa das „Anfüttern“ (größere Geschenke an Amtsträger ohne sofortiges Gegengeschäft) wieder verboten. Diese Punkte wurden auch von der Opposition gutgeheißen. Dass aber im selben Atemzug die jährliche Förderung der Bundesparteien von 15,259 auf 29,13 Millionen Euro erhöht wird, stieß FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sauer auf. Er nahm insbesondere die Grünen in die Pflicht, die in einer „Koalition des Grauens“ mit der Regierung das Paket verhandelt haben – und so auch die höhere Summe für Parteien verantworten müssten.

Wohin mit dem zusätzlichen Geld?

„Wir werden das Geld zweckgebunden für direkte Demokratie ausgeben“, versprach Strache – und wurde dabei so richtig laut. Grünen-Chefin Eva Glawischnig nahm den Ball auf: „Wenn Strache sagt, er will die Parteienförderung in die direkte Demokratie stecken, dann kommt auf uns die nächste Plakatserie zu, in der er als Parteiobmann selber plakatiert wird“, spottete Glawischnig. Sie betonte, gegen die „inakzeptable“, höhere Parteienförderung gewesen zu sein. Aber es sei trotzdem besser, mit der Regierung zu verhandeln - statt wie die FPÖ „beleidigt aus dem Sitzungssaal hinauszugehen“. BZÖ-Chef Josef Bucher hatte gleich eine Reihe von Pointen mitgebracht: Wenn die Grünen mitverhandeln, bedeute dies für den Steuerzahler die „teuerste Millionenshow ohne Publikumsjoker“. Die höhere Parteienförderung sei ein „Rettungsschirm“ für die verschuldeten Großparteien. Und mächtige Landeshauptleute wie Erwin Pröll hätten nun eine „Pröll“-gefüllte Wahlkampftasche.

Die Regierungsbank wusste den gepflegten Wortwitz nicht zu schätzen. „Herr Bucher, ich weiß nicht, warum Sie so laut schreien. Ist das Ihre Art, sich in Ihrem Klub zu verständigen?“, meinte Kanzler Werner Faymann. Für ihn bedeutet die Novelle, „ein Stück Vertrauen“ zu schaffen. ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl ortete gar den „Grundstein für mehr Ehrlichkeit und Transparenz“. Ein Feiertag war gestern jedenfalls für Karlheinz Kopf, er hatte den 55. Geburtstag. Da gratulierte sogar die Opposition artig.

Auf einen Blick

Das Transparenzpaket (strengere Regeln für Korruption, Lobbyistenregister und gläserne Parteikassen) wurde gestern vom Nationalrat beschlossen und wird ab 1. Juli gelten. Ab dann gilt auch die höhere Parteienförderung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2012)

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