Monti warnt Merkel: "Dann fährt Euro zur Hölle"

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Monti warnt EUGipfel DannEPA/ALESSANDRO DI MEO EPA/ALESSANDRO DI MEO
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Der italienische Ministerpräsident betonte kurz vor Beginn des heutigen EU-Gipfels die Notwendigkeit einer Einigung. Sollten die Italiener entmutigt werden, würde das den Euro "zur Hölle fahren lassen".

In Brüssel hat am Donnerstag der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs begonnen. Wenige Stunden zuvor hatte der italienische Ministerpräsident Mario Monti vor einer möglichen "Katastrophe" für die EU gewarnt, sollte es bei dem Treffen zu keiner Einigung kommen. Wenn die Italiener entmutigt würden, könnte das "politische Kräfte" freisetzen, die die europäische Integration und den Euro "zur Hölle fahren lassen" würden, sagte Monti bei seiner Ankunft in Brüssel am Mittwochabend. Italien habe große Opfer gebracht und die Schulden unter Kontrolle bekommen, so der Premier. Dennoch stiegen die Zinsen für italienische Staatsanleihen am Mittwoch auf den höchsten Wert seit Dezember.

Merkel: "Nicht solange ich lebe"

Zuvor hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung eine Vergemeinschaftung von Schulden ausgeschlossen und sich für harte Verhandlungen bei dem Gipfeltreffen ausgesprochen.

Eine gemeinsame Haftung für Schulden "wird es nicht geben, solange ich lebe", hatte die Kanzlerin laut Fraktionsmitgliedern der FDP am Mittwoch vor versammelten Parlamentariern (mehr dazu...) betont. Eine so deutliche Absage an gemeinschaftliche Schuldenhaftung in der EU kommt überraschend. Bislang hatte es in der offiziellen deutschen Linie geheißen, dass Eurobonds "derzeit" nicht das richtige Mittel gegen die Krise seien.

Spanien weiter unter Druck

Indes wird der Druck auf das Krisenland Spanien größer. Auf Spanien könnten EZB-Chefvolkswirt Peter Praet zufolge im Gegenzug für Rettungshilfen der Eurozone Auflagen zukommen, die über den Bankensektor hinaus greifen würden. Zwar habe Spanien kein klassisches Hilfsprogramm wie Griechenland, Irland oder Portugal, wo auch die öffentlichen Budgets saniert werden müssen, sagte Praet der "Financial Times Deutschland" laut Vorausbericht vom Mittwochabend. "Doch wegen der Verbindung der Lage im Bankensektor mit den Staatsfinanzen müssen wir auch die Entwicklung des spanischen Staatshaushalts im Auge behalten", fügte das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) hinzu.

Nachdem die Eurogruppe den spanischen Hilfsantrag am Mittwoch angenommen hatte, nahmen Experten von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) noch am Abend in Madrid ihre Arbeit an dem konkreten Programm auf. Dies bestätigte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der Nachrichtenagentur Reuters. Ziel sei es, der Eurogruppe am 9. Juli eine Grundsatzvereinbarung für Hilfen für die spanische Finanzbranche mit sektorbezogenen Auflagen vorzulegen.

Ablehnung von Monti-Vorstoß

Danach werde streng überwacht, inwieweit Spanien die Auflagen umsetze, sagte Praet der Zeitung. Jede Bank müsse schonungslos offenlegen, wie viele faule Krediten sie in ihren Büchern stehen habe. Auch werde eine stärkere Belastung von Privatanlegern geprüft. "Die Spanier erhalten ihr Geld vom Rettungsfonds dann in Tranchen", so Praet weiter. "Die Auszahlung wird davon abhängen, ob Spanien die Auflagen erfüllt."

Der EZB-Geldpolitiker machte zudem klar, dass er den Vorstoß von Italiens Regierungschef Mario Monti ablehne, nach dem die EZB im Auftrag des Rettungsfonds Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Staaten kaufen und so deren steigende Risikoaufschläge begrenzen solle. "Ich stehe dem Vorschlag sehr skeptisch gegenüber", sagte Praet. So sehe er nicht, dass ein solcher Schritt vom Mandat der EZB gedeckt wäre. "Wir würden also auf unzulässige Weise Geldpolitik und Fiskalpolitik vermischen."

Griechenland will Änderungen des Sparpakts

Griechenland hat seinen Partnern zum EU-Gipfel versichert, seine Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern zu erfüllen. Einige Änderungen seien jedoch notwendig, um die Arbeitslosigkeit und die Rezession zu bekämpfen, schrieb der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras an seine Amtskollegen. Staatspräsident Karolos Papoulias sollte den Brief den Staats- und Regierungschefs der EU übermitteln.

"Ich möchte Ihnen versichern, dass Griechenland absolut entschlossen ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen", schrieb Samaras. Es gebe jedoch "das Thema einiger notwendiger Änderungen des (Spar-) Programms, um die beispiellose Arbeitslosigkeit und die katastrophale Rezession zu bekämpfen".

Samaras sicherte zu, das Privatisierungsprogramm zu beschleunigen. Er bedauerte, wegen einer Augenoperation nicht beim EU-Gipfel dabei sein zu können. Er wolle die Standpunkte Athens seinen Amtskollegen erklären, sobald es ihm die Ärzte erlaubten.

Faymann fordert drastische Maßnahmen

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann  unterstützte vor dem EU-Gipfel Ideen zur Schaffung eines europäischen Schuldentilgungsfonds und einer Bankenkonzession für den Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM), die Deutschland ablehnt. "Da wird man schon mehr Schritte brauchen. Das werden nicht gleich die Eurobonds sein, aber es wird der Tilgungsfonds sein, es wird die Bankenkonzession sein, es werden Maßnahmen sein, die (der italienische Ministerpräsident) Mario Monti vorschlägt".

Das Visionspapier von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sei "eine Diskussionsgrundlage in die richtige Richtung. Wenn die Disziplin passt, wenn die Rahmenbedingungen funktionieren, dann muss man sich darüber im Klaren sein, dass man auch die Schulden stärker gemeinsam bewirtschaftet", sagte Faymann. Aber alles Ideen unter der Voraussetzung, dass die Disziplin der gemeinsamen Vorgangsweise funktioniere, die gebraucht werde, um die Eurozone mittel- und langfristig abzusichern, ergänzte der Bundeskanzler.

Eurobonds sind für Vizekanzler und Außenminister Spindelegger nur langfristig vorstellbar, sagte er bei einem Parteitreffen der Konservativen in Brüssel. "Eine Verteilung der Schulden - so eine Art Schuldenclub Europa - dafür stehe ich nicht zur Verfügung", sagte Spindelegger.

(APA/dpa/sda)

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