Italien wird auf den Märkten bestraft, obwohl es „deutscher" haushaltet als die Deutschen. Heuer und 2013 wird die Regierung zwei- bis dreimal höhere Primärüberschüsse erzielen, als es die Regierung Angela Merkels
Brüssel/go. Die einfachste Erklärung für die finanziellen Nöte Italiens lautet so: Weil die Regierung in Rom in typisch südländischer Manier über ihre Verhältnisse lebt, wird sie von den rational kalkulierenden Finanzinvestoren mit höheren Zinssätzen bestraft. Doch dieses Klischee ist falsch. Heuer und 2013 wird die Regierung unter Ministerpräsident Mario Monti zwei- bis dreimal höhere Primärüberschüsse erzielen, als es die Regierung Angela Merkels in Berlin schafft. Der Primärüberschuss beziehungsweise das Primärdefizit ist jener Saldo der Staatsfinanzen, der sich vor der Bezahlung der Zinsen für alte Schulden ergibt. Er zeigt, ob der Staat mehr oder weniger ausgibt, als er einnimmt.
Und da ist Italien „deutscher" als Deutschland. Laut den Zahlen, die der Europäischen Kommission gemeldet wurden, wird der deutsche Primärüberschuss heuer 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, jener Italiens 3,1 Prozent. 2013 will Monti einen Überschuss von 4,4 Prozent erzielen, Merkel hingegen nur einen von 1,5 Prozent. Auch 2011 hat Italien schon einen Primärüberschuss von 0,9 Prozent erzielt. „Italiens öffentliche Finanzen haben sich 2011 weiter verbessert", stellte die Kommission jüngst lobend fest. Monti erreicht das unter anderem dadurch, dass die Gehälter der Beamten für mindestens vier Jahre eingefroren sind. Doch auf den Märkten dankt man Monti diesen gegen schweren Widerstand erzielten Aufwand nicht: Italien muss heuer 5,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Zinsen alter Schulden bezahlen - noch mehr als 2011, als es 4,9 Prozent waren.
Das ist der Grund, wieso Monti Hilfe gegen die erdrückende Zinslast erbittet - eine Hilfe, zu der Merkel nicht bereit ist. In Merkels Umfeld hält man Montis Warnrufe für „übertriebene Panikmache".