Syrien: "Es herrschen barbarische Zustände"

Syrien herrschen barbarische Zustaende
Syrien herrschen barbarische Zustaende(c) REUTERS (� Handout . / Reuters)
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Immer mehr Regimegegner sprechen von Folter und Misshandlungen durch die syrische Armee. Diese soll unterdessen rund 170 Panzer an der Grenze zur Türkei stationiert haben. Die Gründe dafür sind unklar.

In Syrien geht die Regierung offenbar immer brutaler gegen die vorwiegend jungen Regimegegner vor. "Es ist unfassbar, was sich in diesen Tagen abspielt in Damaskus. Es sind barbarische Zustände. Am besten ist es, du spurst und hältst deinen Mund, denn jeder Widerstand kann tödlich sein", berichtete Yankin Z. Am Freitag. Ein Bekannter sei etwa in einer Polizeistation gefesselt worden. Danach habe man ihm eine eingeschaltete Motorsäge an den Hals gesetzt und ihm gedroht.

Derartige Erlebnisse stellen keinen Einzelfall dar. Laut der Organisation Amnesty International werden Häftlinge in Syrien systematisch gefoltert und misshandelt. Schon bei der Ersteinlieferung in die Haftanstalten würden sie mit Elektro- und Holzstöcken, Gewehrkolben, Peitschen und Seilen geschlagen. Weiters wurde erst unlängst bekannt, dass syrische Soldaten massenhaft Landminen an den Grenzen auslegen. Damit sollte der Flüchtlingsstrom aus dem Land gestoppt werden. Unterstützung bekommt das syrische Militär laut der Organisation von iranischen Milizen.

Trotzdem harten Vorgehen der syrischen Truppen haben nach dem Freitagsgebet wieder Tausende Syrer gegen die Regierung protestiert. Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge wurden bei gewalttätigen Auseinandersetzungen landesweit mindestens 25 Menschen getötet. Die meisten davon waren Zivilisten.

Auch außenpolitisch wird die Situation zunehmend drastischer. Das syrische Militär ist am Freitag nach Angaben des Rebellen-Generals Mustafa al-Sheikh unweit der türkischen Grenze mit etwa 170 Panzern aufgefahren. Sie befänden sich derzeit in der Nähe des Dorfes Musalmieh 30 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Das Militäraufgebot dürfte eine Antwort auf die Ankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Erdogan sein, jedes syrische militärische Element, das sich der Grenze nähert bekämpfen zu wollen. Der Auslöser für das Säbelrasseln war der Abschuss eines türkischen Kampfjets durch Syrien.

Russland dämpft Erwartungen

Kurz vor der internationalen Syrien-Konferenz in Genf hat Russland die USA wegen deren Blockade einer Teilnahme des Iran kritisiert. Washington habe "unüberwindbare Opposition" gezeigt, teilte das Außenministerium in Moskau am Freitag mit. Ressortchef Sergej Lawrow wollte sich noch am Abend in St. Petersburg mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton treffen. Außer dem Iran als engen Verbündeten Syriens müssten auch Saudi-Arabien als Unterstützer der Rebellen sowie die direkten Nachbarn Libanon und Jordanien an der Konferenz teilnehmen, hieß es. Allerdings dürfe nur das syrische Volk über die Zukunft des Landes entscheiden.

Zuvor hatte Russland nach Angaben von UNO-Diplomaten neue Hürden im Syrienkonflikt errichtet. Vertreter Moskaus hätten verlangt, den Vorschlag des Syrien-Vermittlers Kofi Annan zur Bildung einer Übergangsregierung in Damaskus einzuschränken, hieß es. Russland wolle nur Formulierungen zustimmen, die auf keinen Fall als Aufforderung an Präsident Assad ausgelegt werden könnten, die Macht abzugeben. Annan zeigte sich am Freitag davon unbeeindruckt. Er rechne mit einem akzeptablen Ergebnis, sagte er Reuters TV. Russlands Änderungswünsche hätten mit den Bedenken des Landes zu tun, die Absetzung von Assad zu unterstützen, hieß es in Diplomatenkreisen. Die USA, Großbritannien und Frankreich lehnten den russischen Vorstoß jedoch ab.

Nach Annans Plan sollen dem syrischen Übergangskabinett Mitglieder von Regierung und Opposition angehören, aber niemand, "dessen weitere Anwesenheit und Beteiligung die Glaubwürdigkeit des Übergangs unterminieren und die Stabilität und Aussöhnung aufs Spiel setzen würde". Diese Formulierung bezieht sich nach Angaben aus Diplomatenkreisen auf Assad.

(APA/dpa/Reuters)

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