Die Euro-Gruppe sucht einen neuen Chef. Nach Widerstand aus Frankreich und mehreren anderen Ländern bleibt die Entscheidung über die Nachfolge offen.
Brüssel/Wb. Deutschlands einflussreicher Finanzminister Wolfgang Schäuble wird vorerst nicht der neue Chef der Euro-Gruppe, des Gremiums der 17 Finanzminister der Währungsunion. Nach Widerstand aus Frankreich und mehreren anderen Ländern bleibt die Entscheidung über die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker offen. Ein Personaldeal beim EU-Gipfel, der vorgesehen hätte, dass Juncker für eine Übergangszeit bleibt und Deutschland vorerst damit zufriedengestellt wird, dass Klaus Regling neben seiner Aufgabe als Leiter des Euro-Rettungsschirms EFSF auch Chef des neuen Schirms ESM wird, misslang. In Folge bleibt auch ein vakanter Sitz im Direktorium der EZB leer. Er sollte an den Luxemburger Notenbank-Chef Yves Mersch gehen.
Wie seltsam der Abtausch von Länderinteressen in der EU funktioniert, wurde am Rande des Gipfels auch bei der Standortfrage für das neu eingerichtete Patentgericht deutlich. Nach langem Ringen zwischen Großbritannien, Deutschland und Frankreich wird das zentrale Gericht zwar in Paris angesiedelt. Spezielle Sektionen der neuen EU-Institution sollen aber in London und München stationiert werden. Der Streit hat monatelang den Start für das gemeinsame europäische Patent blockiert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2012)