Spindelegger will europäische "Stabilitätsunion"

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Außenminister Spindelegger will Kompetenzen an Brüssel abgeben, betont aber gleichzeitig: "Österreich bleibt ein Land, das von Wien aus regiert wird." Er spricht sich für einen direkt gewählten EU-Regierungschef aus.

Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) ließ in der ORF-Pressestunde am Sonntag keinen Zweifel an seiner Überzeugung, dass die EU-Mitgliedsländer künftig Kompetenzen an Brüssel abgeben sollten. "Man kann nicht eine gemeinsame Währung machen ohne eine gemeinsame Währungspolitik zu betreiben." Es brauche in Brüssel einen Finanzkommissar, der auf die Währung schaut, der mehr Rechte bekommt. Der Außenminister sprach sich für eine "Stabilitätsunion" aus. Er sei weder für Vereinigte Staaten Europa noch für einen Bundesstaat, beides seien alte Begriffe, mit denen man etwas verbinde. Das wolle er nicht für Österreich. "Ich will etwas ganze Eigenes, eine europäische Union, die eine Stabilitätsunion ist", so der Minister. Aber "Österreich bleibt ein Land, das von Wien aus regiert wird".

Es gelte etwa gegenüber China und Indien stärker im Wettbewerb aufzutreten. "Dazu braucht es eine stärkere Position in Brüssel, ein Regierungschef, der direkt gewählt wird." Bei Sozialpolitik gebe es große Spielräume, er wolle diese nicht Dänemark oder Zypern anpassen, aber dort wo man etwas entscheiden müsse, brauche man ein Durchgriffsrecht.

Bereits vor einigen Tagen in Brüssel hatte Spindelegger gemeint: "Ich bin sehr dafür, dass wir diskutieren über Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung durch die Wahl des Kommissionspräsidenten bei der Europawahl, weil der dann eine andere Position hat, wenn er von den Bürgern direkt gewählt ist und damit stark ist." Auch der EU-Währungskommissar sollte mehr Kompetenzen bekommen, sagte Spindelegger damals.

Beim EU-Gipfel habe es einen großen Fortschritt gegeben, "dass wir sagen, wir brauchen die Generalüberholung, wir müssen die Bevölkerung während dieses Prozesses voll mitnehmen", sagte der Minister am Sonntag. So sei etwa mit "Town-Hall-Meetings" begonnen worden. Diese heiße es fortzusetzen, solange bis es einen neuen Vertragstext gebe, so der Vizekanzler. Viele Bürger würden Begriffe wie ESM und Fiskalpakt nicht mehr verstehen.

"Die Bevölkerung sollte in Konvent eingebunden werden, am Schluss bin ich für eine Volksabstimmung, ich glaube, dass können wir sonst nicht verantworten." Eine europäische Volksabstimmung "wäre wünschenswert", sei aber erst nach einer Vertragsänderung machbar.

"Ich bin immer noch ein Merkel-Fan"

Spindelegger outete sich übrigens klar als Anhänger der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: "Ich bin immer noch ein Merkel-Fan". Es könne keine Rede davon sein, dass ihm Frankreichs neuer Präsident Francois Hollande wirtschaftspolitisch näher stehen könnte als die
konservative deutsche Bundeskanzlerin. "Ich glaube, sie ist nach wie vor nicht nur eine toughe, sondern auch eine sehr kluge Politikerin und ich bin froh, dass sie auch die österreichischen Steuerzahler am Tisch in Brüssel ordentlich vertritt."

"Die Finanztransaktionssteuer ist nicht nur eine linke Position", sagte Spindelegger. Es sei eine Fehlentwicklung, wenn die Wirtschaft nicht mehr genug Geld bekomme, weil stattdessen in einträglichere Finanzprodukte investiert werde, so der Minister. Die Finanztransaktionssteuer, die laut Plan im Jahr 2014 wirksam werden soll, werde einen Lenkungseffekt bewirken, hofft Spindelegger. Es sei daher schwer abzuschätzen, wie viel sie einbringen werde, ob 50 oder 100 Mrd. Euro.

"Rettungsschirm für alle Problemkinder"

Der ÖVP-Chef hofft, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) am kommenden Mittwoch im Nationalrat beschlossen werden kann. Der ESM sei ein "europäischer Währungsfonds", so Spindelegger, "de facto ist das ein Rettungsschirm für alle Problemkinder".

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