Der Helmut Schüller der Muslime

Helmut Schueller Muslime
(c) Teresa Zoetl (Teresa Zoetl)
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Ednan Aslan ist einer der schlagkräftigsten innermuslimischen Kritiker.

Natürlich hinkt der Vergleich ein bisschen, aber irgendwo steckt doch eine gewisse Wahrheit dahinter: Was Helmut Schüller mit seiner Priesterinitiative für die katholische Kirche ist, ist Ednan Aslan für den Islam in Österreich. Was die beiden eint, ist ihre Kritik an einem System, in dem sie massiven Reformbedarf orten. Und so wie Schüller macht Aslan das auch sehr gerne im medialen Rahmen und in der Öffentlichkeit.

Was Aslan im Unterschied zu Schüller nicht hat, ist eine Gruppe von Verbündeten, die sich mit ihm zu einer Initiative zusammenschließen würde. Auf der anderen Seite muss er sich aber auch nicht mit einem über Jahrhunderte eingespielten und mächtigen Konterpart wie der römischen Amtskirche herumschlagen. Denn einerseits hat der religiöse Zentralismus im Islam keine Tradition und andererseits ist die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) noch weit von einer strikt durchorganisierten und schlagkräftigen Vereinigung entfernt. Und was es Aslan noch leichter macht als Schüller – als islamischer Religionspädagoge an der Universität Wien untersteht er nicht der IGGiÖ und kann dementsprechend auch nicht von ihr abgesetzt werden.

 

Europäische Prägung

Der 1959 im türkischen Bayburt geborene Aslan promovierte 1996 über die „Religiöse Erziehung der muslimischen Kinder in Österreich und Deutschland“ und setzt sich heute als Universitätsprofessor am Institut für Bildungswissenschaft für einen Islam europäischer Prägung ein. Die nach wie vor gelehrte islamische Theologie sieht er als veraltet an, weil sie auf die Fragen der Gegenwart keine Antwort geben könne. Eines seiner Mantras, um zu einer zeitgemäßeren Theologie zu kommen, ist der „innerislamische Gesamtdiskurs“ – und den müsse die IGGiÖ als Vertretung der österreichischen Muslime einleiten. Er wendet sich auch gegen islamische Privatschulen – die Muslime würden dort nur unter sich bleiben.

Doch bei aller Kritik, der mit Schüller verbundene Begriff „Ungehorsam“ passt dann doch nicht zu Ednan Aslan. Dafür ist die Gesprächsbasis mit IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac dann doch wieder etwas zu gut, gibt es insgesamt eine nicht so schlechte Zusammenarbeit. Wie gesagt, bei aller innerislamischen Kritik, der Vergleich mit Schüller hinkt doch ein bisschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2012)


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