ACTA: Wie es nach dem "Nein" der EU weitergeht

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Totgesagte leben länger: Im Fall des umstrittenen Urheberrechts-Abkommens könnte eine Wiederbelebung allerdings Jahre dauern.

Das EU-Parlament hat das Handelsabkommen ACTA abgelehnt. Damit kann der umstrittene Urheberrechts-Pakt in keinem der 27 EU-Länder in Kraft treten. Aber ist das Abkommen deshalb tot? Während das Parlament mit großer Mehrheit gegen das Abkommen stimmte, liegt der Pakt noch immer beim Europäischen Gerichtshof zur Prüfung. Eine Prüfung, die Ende 2011 von EU-Parlamentariern beantragt wurde und die bis zu zwei Jahre dauern kann. Nach einem Urteil könnte ACTA wenn notwendig in einigen Punkten angepasst werden und die EU-Kommission könnte den gesamten Ratifizierungsprozess erneut ins Rollen bringen. Dann aber müssten nicht nur die einzelnen EU-Länder und das EU-Parlament erneut Abstimmen, auch alle weiteren Vertragspartner müssten das abgeänderte ACTA neu ratifizieren. 

ACTA ohne EU?

Wäre ACTA auch ohne die EU denkbar? Offiziell wäre das möglich, erklärte der Sprecher des Handelskommissars Karel De Gucht am Mittwoch nach dem "Nein" des Europaparlaments zum Abkommen. Theoretisch tritt das Abkommen in Kraft, wenn sechs Vertragspartner den Pakt ratifiziert haben. Dazu ist es notwendig, dass beim Depositar Japan eine Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde hinterlegt wird. Bisher hat das noch kein Staat getan. Vertragsparteien sind neben der nun ausgeschiedenen EU zehn Staaten, darunter die USA und Japan. Fraglich sei aber, ob das Abkommen ohne die EU "von Wert ist", da die Union der weltgrößte Handelspartner sei, sagte der Sprecher. Zu bedenken ist auch, dass einige der Vertragspartner mittlerweile eigene Urheberrechtsgesetze auf den Weg gebracht haben oder zumindest diskutieren, die vor allem auf die stark kritisierten Regelungen zur Internetpiraterie abzielen. Zum Beispiel "SOPA" in den USA oder "HADOPI" in Frankreich. 

"Diskussion komplett neu beginnen"

Beobachter bezweifeln, dass die internationalen Partner das Thema nun ruhen lassen werden. Möglich wäre etwa auch ein komplett neuer Vorschlag zum internationalen Umgang mit Urheberrechten. "Man müsste die Diskussion komplett neu beginnen", erklärte etwa der zuständige Chefverhandler des EU-Parlaments, der britische Labour-Abgeordnete David Martin, in einer Pressekonferenz nach der Abstimmung. Bei Verhandlungen eines neuen Paktes könnte man die Fehler der Vergangenheit vermeiden, meinte Martin in Hinblick auf die kritisierten "Geheim"-Verhandlungen hinter geschlossener Tür. 

(sg)

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