Machtkampf in Bukarest ruft EU und Berlin auf den Plan

(c) AP (Vadim Ghirda)
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Parlamentarischer Showdown zwischen Premier Ponta und Präsident Basescu.

Belgrad/Brüssel/Berlin. Der eskalierende Machtstreit in Rumänien erfüllt die EU-Partner zunehmend mit Sorge vor einer Aushöhlung der Gewaltenteilung. Nach Berlin und Paris warnte am Freitag auch die EU-Kommission die Regierung des sozialistischen Premiers Victor Ponta vor „Aktionen, die die Wirkungskraft unabhängiger Institutionen wie die des Verfassungsgerichts reduzieren könnten“.

Von den europaweiten Ermahnungen zur Einhaltung der demokratischen Spielregeln zeigt sich Jungpremier Ponta, der den konservativen Präsidenten Traian Basescu aus dem Amt hebeln will, weiter unbeeindruckt. Für den Freitagnachmittag hatten die sozialliberalen Regierungsparteien eine Sondersitzung des Parlaments anberaumt, die über die vorläufige Suspendierung von Basescu wegen angeblicher Verfassungsverstöße entscheiden sollte.

Mit verfassungsrechtlich fragwürdigen Eilverordnungen, dem Austausch der oppositionellen Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern und der Leitung des Amtsblatts hatte die Regierung zuvor den Weg für die beabsichtigte Amtsenthebung von Basescu geebnet: Bei dem Referendum, das innerhalb von 30 Tagen über die Rechtskraft der Ablösung des Präsidenten entscheiden muss, sind nun nicht mehr 50 Prozent der Wahlberechtigten, sondern nur noch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ponta nach Brüssel zitiert

Der Rechtsstaat, die demokratische Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz seien die Eckpfeiler für die europäische Demokratie, mahnte die EU-Kommission Bukarest am Freitag in ihrer Stellungnahme: Diese Prinzipien müsste auch die Regierung respektieren. Ponta werde am kommenden Donnerstag nach Brüssel reisen, um mit Kommissionschef José Manuel Barroso „die Situation zu besprechen“.

Die Handlungsfähigkeit der Justiz dürfe nicht infrage gestellt werden, warnte am Freitag auch der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert: Die Bundesregierung betrachte die Entwicklung in Rumänien „mit großer Sorge“. Schon am Vortag hatte das französische Außenministerium die rumänische Regierung aufgefordert, die „Werte der Demokratie und des Rechtsstaats zu wahren“.

„Rumänien bleibt stabil“

Die Heftigkeit der internationalen Kritik hat den Übergangspremier unter Zugzwang gebracht. „Jenseits der politischen Krise und des Konflikts zwischen Präsident und Parlament bleiben wir ein stabiles Land“, versicherte Ponta am Freitag. Rumänien werde die europäischen Standards eines Rechtsstaats und alle Urteile des VGH, aber auch die Auflagen des IWF und des Justiz-Monitorings durch die EU-Kommission einhalten.

Die Regierung versucht jedenfalls, nach außen hin den Anschein einer normalen, demokratisch legitimierten Personalpolitik zu erwecken. Die von der sozialdemokratischen Regierung eingeleiteten Umbesetzungen seien eine „Antwort auf die Wünsche der rumänischen Bürger, mehrere Personen an der Spitze öffentlicher Institutionen zu ersetzen, welche nach rein politischen Kriterien eingesetzt worden sind“, heißt es in einem Brief des rumänischen Außenministers Andrei Marga an seine Amtskollegen in der EU.

Victor Ponta kam Anfang Mai an die Macht, nachdem sein parteiloser Vorgänger Mihai-Rzvan Ungureanu an einem parlamentarischen Misstrauensvotum gescheitert war. Pontas Mandat ist zeitlich befristet – spätestens im Herbst muss das Parlament neu gewählt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2012)

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