Griechenlands Finanzminister drängt auf einen Aufschub des Reformprogramms. Erste Erkenntnisse der Troika-Kontrolleure sollen negativ sein.
Griechenlands Finanzminister Giannis Stournaras hält einen Aufschub beim Reformprogramm für sein Land für unausweichlich. Eine Verlängerung der Fristen für die Haushaltssanierung sei "wegen der Rezession erforderlich", sagte Stournaras am Samstagabend vor dem Parlament in Athen. Weitere Sparmaßnahmen würden nur dazu führen, "dass sich der Teufelskreis der Rezession fortsetzt". Eine Verlängerung der Fristen werde dazu führen, dass Griechenland mehr Geld von seinen Gläubigern benötige.
Der Minister betonte, Griechenland könne nicht die Bedingungen des Sparprogramms mit den internationalen Kreditgebern neu verhandeln wollen, ohne zugleich mit der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Haushaltssanierung zu beginnen. Am Sonntagmorgen wollte sich Stournaras erneut mit den Vertretern der Gläubiger-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zusammensetzen.
Troika: Erste Erkenntnisse negativ
Die Troika-Kontrolleure wollen morgen, Montag, erste Ergebnisse ihrer Überprüfung der griechischen Staatsfinanzen vorlegen. Die Experten würden ihre Vorgesetzten und die Eurogruppe informieren, sagte ein Mitglied der Gruppe am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa.
Laut übereinstimmenden Berichten der griechischen Sonntagspresse sind die ersten Erkenntnisse der Kontrolleure der Geldgeber negativ. Vor allem im Bereich Privatisierungen sei in den vergangenen Monaten kaum etwas geschehen.
Wenn Athen nicht bald spektakuläre Privatisierungen durchführt, ein neues einfaches Steuergesetz vorlegt und den Staat weiter verschlankt, werde es keine weiteren Geldspritzen geben, meldete, meldete die Zeitung "Kathimerini" unter Berufung auf Warnungen der Troika.
Sozialisten wollen Neuverhandlung
Der Chef der an der Regierung beteiligten sozialistischen Pasok, Evangelos Venizelos, forderte unterdessen eine Neuverhandlung des Programms im Lichte der Beschlüsse des EU-Gipfels Ende Juni. Dabei war unter anderem ein Wachstumspakt für die EU aufgelegt worden. Es gehe darum, den Zeitraum für die Haushaltsanpassung auf drei Jahre zu erhöhen. Venizelos begründete dieses Ziel mit der Rezession in diesem Jahr, die schärfer ausfalle als erwartet. Mit der Lage in Griechenland wollen sich auch die Finanzminister der Eurozone am Montag in Brüssel befassen.
Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland hatte sich im Gegenzug für internationale Finanzhilfen zu umfangreichen Reformen und Sparmaßnahmen verpflichtet. Die griechische Wirtschaft befindet sich das fünfte Jahr in Folge in der Rezession. Die Regierung befürchtet, dass die Wirtschaft 2012 um sechs bis sieben Prozent anstatt der zuvor erwarteten 4,5 Prozent schrumpfen könnte.
Bis zum 20. August ist Athen nach Informationen der Tageszeitung "Ethnos" auf die Auszahlung einer weiteren Tranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro aus dem internationalen Hilfspaket angewiesen.
(APA/AFP/Reuters)