EU-Finanzminister: Der Teufelskreis schließt sich wieder

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EUFinanzminister Teufelskreis schliesst sich(c) EPA (OLIVIER HOSLET)
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Die Hoffnung auf ein Ende der Schuldenkrise verpufft. Denn Europas Regierungen liegen nicht nur in technischen Details über Kreuz, auch in grundlegenden Fragen stecken die Europäer fest.

Brüssel. Nach nur einer Woche ist die Wirkung der jüngsten Beschlüsse der politischen Führer Europas verpufft. Enttäuscht schreiben die Finanzinvestoren ihre Erwartung in den Wind, dass den vagen Ankündigungen zur Schaffung einer Bankenunion bis Ende dieses Jahres konkrete Taten folgen würden. Das Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs der Euroländer vom 29 .Juni, den „Teufelskreis zwischen Banken und Staatsanleihen zu durchbrechen“, stellt sich wie befürchtet nur als Wunsch heraus.

Denn Europas Regierungen liegen nicht nur in technischen Details über Kreuz. In mehreren grundlegenden Fragen konnten sie sich bis zum Treffen der Finanzminister der Euroländer, das am Montagnachmittag begann, nicht einigen. Folge dieser Blockade ist die leidig bekannte Reaktion auf den Märkten: Spaniens Regierung müsste derzeit mehr als sieben Prozent Zinsen bezahlen, wenn sie neue Schulden auf den Finanzmärkten aufnimmt. Italiens zehnjährige Anleihen rentieren wieder wie vor dem EU-Gipfeltreffen Ende Juni bei über sechs Prozent. Und auch die Verzinsung slowenischer Bonds schoss am Montag über die kritische Marke von sieben Prozent – ein Warnsignal, dass Slowenien bald als sechstes Euroland um Hilfe ansuchen könnte.

Der Teufel steckt im Gesamten

In einem entscheidenden Punkt wiegt das Zusammenspiel zwischen der ungenauen Formulierung des Gipfelbeschlusses und einander widersprechenden Aussagen hoher EU-Amtsträger besonders fatal. Bekanntlich hatten die Chefs der Euroländer in der langen Nacht auf 29. Juni ihren Willen bekundet, dass das Euro-Rettungsvehikel ESM künftig kaputte Banken direkt auffangen können soll.

Eine wichtige Maßnahme, um den Teufelskreis zwischen Bank- und Staatsschulden zu durchbrechen. Denn selbst ein Land wie Irland, das jahrelang für seine Haushaltspolitik gelobt wurde, musste sich letztlich vom Internationalen Währungsfonds und den anderen Euroländern heraushauen lassen, weil es die riesigen Schulden seiner Banken verstaatlicht hatte.

Aus dieser Entscheidung leitet sich aber die Frage ab, ob ein Land, das für seine Banken vom ESM Geld erhält, für dessen Rückzahlung haftet oder nicht. Zur Erinnerung: Der ESM speist seine verfügbaren Mittel von bis zu 500 Milliarden Euro erstens aus direkt eingezahlten 80 Milliarden Euro, den Rest der Summe nimmt er zweitens gegen Haftungen der Staaten als Anleihen auf den Märkten auf. Seine Kreditwürdigkeit und damit die Zinsen, die er bezahlen muss, hängen also von der Aussicht darauf ab, dass er seine Hilfskredite verlässlich zurückbekommt. Und auch politisch ist diese Frage entscheidend – man denke nur an die regelmäßigen Blockadedrohungen finnischer und niederländischer Politiker.

Und hier steckt der Teufel nicht im Detail, sondern im Ganzen: Soll Spanien für die bis zu 100 Milliarden Euro vorrangig haften, die es vom ESM zur Rekapitalisierung seiner Sparkassen erhofft? Oder fällt das Risiko für ein Scheitern der spanischen (und späterer anderer) Rettungsaktionen sofort dem ESM und damit den anderen 16 Euroländern in den Schoß? Ja, sagte vergangenen Freitag ein hoher EU-Beamter. Nein, korrigierte am Montag ein Sprecher von EU-Finanzkommissar Olli Rehn.

Luxemburger Poker

Behindert wird die Lösung wichtiger Fragen wie dieser durch das monatelange Verschieben von zwei verbundenen Personalentscheidungen. Diese sind nun offenbar getroffen worden. Seit Ende Mai ist im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Platz verwaist.

Am Montagabend wurde bekannt, dass die Euro-Finanzminister Luxemburgs Notenbankgouverneur Yves Mersch vorschlagen. Die Finanzminister aller 27 EU-Länder müssen die Nominierung am Dienstag bestätigen, was allerdings als Formsache gilt. Damit bleibt wohl auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker im Amt. Der Landsmann von Mersch knüpfte seine Mandatverlängerung daran, dass die Euro-Gruppe Mersch auf den EZB-Posten hebt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2012)

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