Sprachförderung: Schmied gegen Kurz

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Unterrichtsministerin Claudia Schmied verteidigt nach Kritik des Staatssekretärs Sebastian Kurz bestehendes Modell mit Zusatz- und muttersprachlichem Unterricht. Beides solle sogar zunehmen.

Wien. Im Unterrichtsministerium schäumt man: „Wir können den Herrn Staatssekretär auch gerne darüber aufklären, dass im gemeinsamen Regierungsprogramm wörtlich der Ausbau des muttersprachlichen Zusatzunterrichts und der Sprachförderung vorgesehen ist.“ So reagierte der Sprecher von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) am Dienstag auf Aussagen von Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) in der „Presse“ (Dienstagsausgabe), wonach das jetzige Modell der Sprachförderung für Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache überdacht werden sollte.

Kurz hatte gemeint, dass die Politik – vor allem das verantwortliche Unterrichtsministerium – prüfen sollte, ob es wirklich sinnvoll sei, Migrantenkinder „sofort ins Regelschulwesen aufzunehmen, selbst wenn sie kein Wort Deutsch können“. Derzeit werden solche Kinder als außerordentliche Schüler aufgenommen, parallel zum normalen Unterricht müssen sie etwa elf Stunden Deutschunterricht außerhalb der Klasse absolvieren. Das jetzige Modell habe sich „sehr bewährt“, wie das auch jüngere Studien belegen würde, heißt es dazu knapp im Ministerium.

Auch in einem zweiten Punkt, den Kurz angesprochen hat, sieht man keinen Grund, vom bisherigen Weg abzukommen: Einen „Wildwuchs“ gebe es „beim muttersprachlichen Unterricht bestenfalls in der Fantasie des Herrn Staatssekretärs“, meinte Schmieds Sprecher zu den Bedenken von Kurz im Hinblick auf muttersprachlichen Unterricht in den Klassen – er hatte sich freilich nicht nur auf Schulversuche bezogen. „Da gibt es viele gut gemeinte Initiativen. Manche sind gut, aber andere vielleicht nicht“, waren seine Worte. Als Beispiel nannte Kurz Unterricht auf Türkisch in Klassen, in denen einzelne Kinder gar nicht Türkisch sprechen. Im Ministerium verweist man nun darauf, dass muttersprachlicher Unterricht – allerdings durch Zusatzlehrer, also zeitgleich zum Unterricht durch den eigentlichen Lehrer auf Deutsch – an Pflichtschulen und AHS bereits seit Jahren die Regel und nicht mehr nur ein Schulversuch sei.

Mehr Lehrer für Muttersprache

Daran will das Ministerium auch festhalten und das Modell sogar noch ausbauen. Schon vom Schuljahr 2009/10 bis 2010/11 erhöhte sich die Zahl jener Lehrer, die muttersprachlichen Unterricht abhalten, um 3,9 Prozent (15 Lehrer). Die Zahl der betroffenen Schüler stieg um 3,6 Prozent (1101 Schüler).

Auch Grünen-Bildungssprecher Harald Walser teilt die Sorgen von Kurz nicht – im Gegenteil: Er verweist bei Förderprogrammen für Migrantenkinder auf „vorbildliche“ Länder wie Kanada. Auch dort würden „Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sofort ins Regelschulsystem integriert, und sie bekommen Förderunterricht in der Landessprache“. Daran solle man in Österreich nicht rütteln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2012)

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