Luxemburgs Premier sichert sich einmal mehr durch geschicktes Taktieren großen Einfluss. Der Deutscher Klaus Regling mit der Führung des neuen Euro-Währungsfonds ESM betraut wurden.
Brüssel/Go. Wie erwartet ging das Kalkül von Luxemburgs Regierungschef in der Nacht auf Dienstag auf: Jean-Claude Juncker leitet fürs Erste als Chef der Euro-Gruppe weiterhin die Sitzungen der Finanzminister der 17 Euroländer. Zudem setzte er seinen Kandidaten für den vakanten Platz im Direktorium der Europäischen Zentralbank durch. Sein Landsmann Yves Mersch, Gouverneur der Notenbank Luxemburgs, rückt in das sechsköpfige Führungsgremium auf. Außerdem betrauten die Finanzminister der Euroländer den Deutschen Klaus Regling mit der Führung des neuen Euro-Währungsfonds ESM. Regling führt derzeit das Rettungsvehikel EFSF, das im ESM aufgehen soll.
Einmal mehr hat Juncker damit sein Verhandlungsgeschick bewiesen. Zu Jahresbeginn hatte er erklärt, sich nach sieben Jahren an der Spitze der Euro-Gruppe künftig ganz den Regierungsgeschäften widmen zu wollen. Wirklich ernst zu nehmen war diese Ankündigung nicht: Der Posten als Vertreter der Eurozone verschafft dem kleinen, von seiner Finanzwirtschaft stark abhängigen Luxemburg einen Platz am Tisch der G20, der 20 wichtigsten Industrienationen der Welt. Zudem riss sich keiner der Finanzminister um den Posten. Juncker wusste das und machte seinen Wiederantritt von der Bestellung Mersch' abhängig.
Ob der 57-Jährige sein neues Mandat in der vollen Länge von zweieinhalb Jahren ausfüllt, ist offen. Er habe vor, Ende 2012 oder Anfang 2013 zurückzutreten, sagte er. Denkbar ist, dass er damit den Druck auf die anderen Finanzminister erhöhen will, auf seine Vorstellungen zur Reform der Währungsunion einzugehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2012)