Im Laufe des Jahres soll Anklage gegen einige Großbanken und deren Mitarbeiter erhoben werden. Die Deutsche Bank soll sich bei der EU und in der Schweiz den Status eines Kronzeugen gesichert haben.
[Wien/Ag./Red.] Das amerikanische Justizministerium bereitet in der Affäre um manipulierte Libor-Zinssätze mehrere Anklagen vor. Im Laufe des Jahres soll einem Bericht der „New York Times“ zufolge Anklage gegen mehrere Banken und einige ihrer Angestellten erhoben werden. Auch Mitarbeiter der britischen Großbank Barclays, die in der Sache bereits zu einer Strafe von 362 Mio. Euro verurteilt wurde, sollen betroffen sein. Einige Finanzinstitute, darunter mindestens zwei europäische Häuser, sollen bereits an Vergleichen arbeiten. Dem Blatt zufolge sei dies wegen der Komplexität der Materie auch der wahrscheinlichere Ausgang.
Weltweit gehen Behörden derzeit der Frage nach, in welchem Ausmaß Großbanken den Referenzzins Libor manipuliert haben. Zwischen 2005 und 2011 sollen rund 20 von ihnen den Zins zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Mit immensen Auswirkungen: An dem Referenzzins hängen Finanzprodukte im Ausmaß von etwa 350 Billionen Euro. Dazu gehören nicht nur Termingeschäfte, sondern auch Kredite und Sparprodukte.
Deutsche Bank als Kronzeuge
Um mit möglichst geringen Schäden aus der Sache zu kommen, will die Deutsche Bank eng mit den Behörden zusammenarbeiten, berichtet „Der Spiegel“. Schon 2011 soll das Institut bei der EU-Kommission und in der Schweiz eine Kronzeugenregelung beantragt und kürzlich auch erlangt haben. Das Institut wollte sich dazu nicht äußern.
Seitdem die Affäre publik wurde, liefern sich die Banken einen Wettlauf um Immunität. Nur wer als Erstes mit den Ermittlern kooperiert, kann damit rechnen. Zwei weitere Institute können mit einer Strafmilderung rechnen. In den USA haben sich bereits Banken diesen Status gesichert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2012)