Siziliens Gouverneur, Raffaele Lombardo, war populär – trotz seiner kriminellen Energie.
Lieber Raffaele, hat dir niemand beigebracht, nicht auf den Teller zu spucken, von dem du isst?“ Die Reaktionen auf den letzten Blog-Eintrag von Raffaele Lombardo, noch Gouverneur von Sizilien, sind nicht gerade freundlich. Darin patzt Lombardo vor allem jene Partei an, deren politisches Ziehkind er lange war. Die „Unione dei Democratici Cristiani“ (UDC) könne es gar nicht erwarten, wieder Hand an Sizilien zu legen, und die jetzige Kritik an ihm sei ein Angriff auf die „Autonomie Siziliens“. Es ist wohl einer der letzten Rundumschläge von Lombardo in seiner Funktion als Gouverneur. Der Waffennarr, der ein Arsenal im Wert von 30.000 Euro im „Palazzo d' Orleans“, dem Sitz der Landesregierung in Palermo, aufstellen ließ, wird auf Geheiß von Regierungschef Mario Monti Ende Juli zurücktreten.
Dabei hat der Chirurg mit Spezialisierung auf forensische Psychiatrie mit seiner 2005 gegründeten Partei „Movimento dell' Autonomia“ (MdA) eine Erfolgsgeschichte hingelegt. Bei den Wahlen 2008 bekam Lombardo 64Prozent der Vorzugsstimmen und wurde, gestützt von der UDC, Chef einer Mitte-rechts-Koalition. Zahlreiche Verfahren wegen Amtsmissbrauchs und Finanzdelikten sowie ein besonderes Naheverhältnis zur Mafia konnten der Popularität des politischen Glückskindes nichts anhaben. Jetzt wird ihm ein großes Loch im sizilianischen Budget zum Verhängnis.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2012)