Deutscher Bundestag für religiöse Beschneidungen

Die Abgeordneten stimmten für eine Resolution, das religiöse Beschneidungen straffrei bleiben sollen.
Die Abgeordneten stimmten für eine Resolution, das religiöse Beschneidungen straffrei bleiben sollen.(c) EPA
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Der Bundestag fordert die Regierung zu einer Neuregelung auf. Auch in der Schweiz gibt es Reaktionen: Ein Kinderspital setzt Beschneidungen aus.

Die religiöse Beschneidung von minderjährigen Burschen soll nach dem Willen des deutschen Bundestags grundsätzlich erlaubt sein. Eine entsprechende Resolution hat das Parlament am Donnerstag mit breiter Mehrheit verabschiedet. Damit reagierten die Abgeordneten auf ein Urteil des Kölner Landgerichts, das die bei Juden und Muslimen übliche Beschneidung kürzlich als Körperverletzung bewertet hatte. Der Bundestags-Beschluss hat allerdings nur symbolischen Wert. Doch mit der Resolution wird die Bundesregierung in Berlin aufgefordert, bis zum Herbst eine gesetzliche Regelung vorzulegen.

Das Urteil des deutschen Gerichtes sorgt unterdessen auch in der Schweiz für Reaktionen. Am Kinderspital in Zürich werden bis auf weiteres keine religiös begründeten Beschneidungen mehr durchgeführt. Grund ist das Urteil des Kölner Landgerichtes. Ein Arzt, der in Deutschland einen Burschen aus religiösen Gründen beschneidet, macht sich gemäß diesem Urteil strafbar. Mit diesem Urteil sei eine neue ethische Betrachtungsweise hinzugekommen, sagte der Medienverantwortliche Marco Stücheli auf Anfrage der Schweizer Nachrichtenagentur sda.

Vertretbar oder nicht?

Man habe sich deshalb entschieden, vorläufig keine Beschneidungen mehr vorzunehmen und das Thema intern zu überprüfen. Man wolle sich Klarheit darüber verschaffen, ob solche Eingriffe - bei denen die Burschen zu klein sind, um ihr Einverständnis geben zu können - künftig weiterhin vertretbar seien oder nicht. Vor juristischen Konsequenzen fürchte man sich aber nicht, betonte Stücheli. Nur schon deshalb, weil das Urteil des Kölner Landgerichtes keine Wirkung in der Schweiz habe. Auch andere ethische Fragen würden regelmäßig intern diskutiert.

Lange wollen die Spitalverantwortlichen nicht beraten. Man entscheide bald, ob man die Operationen wieder durchführe oder weiterhin darauf verzichte, sagte Stücheli weiter. Im Durchschnitt werden am "Kispi" eine bis zwei religiöse Beschneidungen pro Monat durchgeführt. Diese Zahl ist seit Jahren relativ konstant. Weiterhin durchgeführt werden hingegen Beschneidungen, die aus medizinischen Gründen nötig sind, etwa bei Vorhautverengung und anderen urologischen Problemen.

(APA/dpa/sda)

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