Causa Graf: Handelsgericht ortet „viele offene Fragen“

APA/GEORG HOCHMUTH
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Nach einem Gutachten sieht die FPÖ den Dritten Nationalratspräsidenten Graf in der Stiftungscausa entlastet. Doch das Handelsgericht hat noch einige Punkte zu klären.

Wien/Ib/Apa. In der Causa Privatstiftung der 90-jährigen Gertrud Meschar konnte durch ein Gutachten „nicht festgestellt werden“, dass der Stiftungsvorstand – damals noch angeführt vom Dritten Nationalratspräsidenten, Martin Graf (FPÖ) – den Stiftungszweck nicht erfüllt. Diese Meldung vom Wochenende interpretierte die FPÖ als Entlastung und Rückendeckung für Graf. Doch am Montag meldete sich das Handelsgericht selbst zu Wort: Zwar seien durch die Stellungnahme des Gutachters „einige Vorwürfe zurückgedrängt“, es sei aber „bei Weitem noch nicht alles geklärt“, so ein Gerichtssprecher zur Austria Presse Agentur. Vor allem die Frage des Zustandekommens der Stiftung sei noch offen, dies zu prüfen sei aber auch nicht Aufgabe des Prüfers gewesen.

Zu klären sei außerdem, wie es überhaupt zu dieser Stiftung gekommen ist und „ob es damals angebracht war, so etwas zu machen“. Dies zu prüfen sei „die Aufgabe des Gerichts“. Beim Handelsgericht Wien ist ein Abberufungsantrag gegen den Stiftungsvorstand anhängig, was die Stifterin angestrengt hatte.

Zur Stellungnahme des Wirtschaftsprüfers sagte der Gerichtssprecher, dieser habe den Vermögensstand der Stiftung zu Beginn und zuletzt angesehen und sei dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass das „im Großen und Ganzen ganz gut gelaufen“ ist. Denn der Vermögensstatus habe im Wesentlichen erhalten werden können, die Stiftung sei liquid, und die Stifterin habe etwas mehr bekommen als von ihr behauptet: Die Stiftung sei liquide, „Zuwendungen und Kosten der Stifterin wurden im Ausmaß zwischen 7800 und 13.800 Euro p.a. getätigt bzw. übernommen“, heißt es im Gutachten.

Stifterin Gertrud Meschar hatte dem Vorstand vorgeworfen, den Stiftungszweck nicht zu erfüllen, und beim Handelsgericht den Abberufungsantrag gegen den gesamten Stiftungsvorstand – Graf und zwei weitere FPÖ-Politiker – eingebracht. Das Handelsgericht hatte daraufhin einen Wirtschaftsprüfer mit dem Gutachten beauftragt. Graf – dem vorgeworfen wird, der mittlerweile 90-Jährigen zur Errichtung der Privatstiftung geraten und sie getäuscht zu haben – ist im Juli offiziell aus dem Stiftungsvorstand ausgetreten.

Verfahren nicht vor August

Die zuständige Richterin am Handelsgericht dürfte das Gutachten allerdings noch nicht gesehen haben: Laut Gerichtssprecher ist sie bis Ende Juli auf Urlaub, mit einer Fortsetzung des Verfahrens dürfte demnach nicht vor August zu rechen sein.

Das alles hinderte die FPÖ nicht daran, am Montag zu verkünden, Graf sei „voll und ganz entlastet“. Parteichef Heinz-Christian Strache geht davon aus, dass das Gericht auf Basis des Gutachtens urteilen werde – wie das die Regel sei. Er forderte außerdem eine Entschuldigung der politischen Konkurrenz, sie sollte aufhören, „wie das Rumpelstilzchen mit Schaum vor dem Mund wütend herumzuhüpfen“.

Allerdings ist die Causa Graf mit dem Gutachten noch nicht abgeschlossen. Ob Strache im Falle einer Verurteilung Grafs für einen Rücktritt wäre? „Dazu wird es nicht kommen“, meinte der FPÖ-Chef nur dazu.

Weniger davon überzeugt zeigten sich am Montag die anderen Parlamentsparteien: Die FPÖ würde bereits die rechtliche Entlastung Grafs feiern – und zwar „vorschnell und ohne die endgültige gerichtliche Entscheidung abzuwarten“, so der grüne Justizsprecher, Albert Steinhauser, in einer Aussendung. Aber auch unabhängig von der Entscheidung des Gerichts stehe bereits fest, dass die Vorgehensweise Grafs „untragbar“ sei. Nach dem Wiener SPÖ-Landesparteisekretär, Christian Deutsch, soll sich Strache die „Frage stellen, wie eine ältere Dame von heute auf morgen zu einer Stiftung inklusive einem Stiftungsvorstand Graf kommt“. Und auch für ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch bleibt Grafs Optik „fatal“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2012)

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