Die Bawag habe die „dumm und überheblich“ agierende Stadt Linz bei Zins- und Währungswette „über den Tisch gezogen“, sagt ein Experte.
Die Stadt Linz ist, wie berichtet, mit einer Franken-Spekulation (Franken-Kredit plus „Absicherung“ durch eine Kurs-Zins-Wette mit der Bawag) grässlich auf die Nase gefallen und könnte im Extremfall auf einem Verlust von mehr als 400 Mio. Euro sitzenbleiben. Blöd gelaufen!
Beide Kontrahenten haben geklagt. „Ob die Linzer schlicht zu dämlich für die internationale Finanzwelt waren oder von den Bankgenossen in Wien über den Tisch gezogen wurden, wird also ein Gericht klären“, war in der „Presse“ am 10.November 2011 unter dem Titel „Casino-Sozialisten auf glattem Eis“ dazu zu lesen.
Jetzt ist eine Art „Vorklärung“ geschehen: Ein von der Stadt Linz beauftragter Schweizer Finanzexperte hat sich die leidige Angelegenheit angesehen und ist zu dem (für seinen Auftraggeber wenig schmeichelhaften) Schluss gelangt: sowohl als auch.
Die Bawag habe die Stadt Linz mit einem „unethischen Geschäft über den Tisch gezogen“, diese wiederum habe dabei „dumm und überheblich“ agiert, sagte der Schweizer Uni-Professor Martin Jannsen laut APA gestern im Linzer Kontrollausschuss. Muss irgendwie unlustig sein, eine solche Diagnose vom Gutachter, den man selbst beauftragt hat, zu hören.
Das Ganze ist auch politisch „g'schmackig“, denn die wirklich wüste Spekulation ist zwischen zwei der deklarierten Anti-Spekulanten-Partei SPÖ zuzurechnenden „Partnern“ passiert: Linz ist fest in SPÖ-Hand und die damals vom SPÖ-Wirtschafts-Schwergewicht Ewald Nowotny geführte Bawag gehörte bei Abschluss des Geschäfts noch dem roten ÖGB.
Die Diagnose des Schweizer Experten im Detail: Es sei schon „nicht vernünftig“ gewesen, dass die Stadt Linz 2005 bei der Kommunalkredit einen Franken-Kredit in dreistelliger Millionenhöhe aufgenommen habe. Der danach mit der Bawag abgeschlossene „Swap“, der eigentlich zur Absicherung des Währungsrisikos hätte dienen sollen, habe das Risiko in Wahrheit aber noch „dramatisch erhöht“.
Dass der damalige Finanzchef der Stadt keine Ahnung hatte, was er da unterschrieb, hat der Bürgermeister ja (als versuchte Rechtfertigung) zwischenzeitlich schon auf der Website der Stadt Linz veröffentlicht. Dass die Bawag den Linzern dieses Spekulationsprodukt „wider besseres Wissen“ untergejubelt hat, hat ihr jetzt der Schweizer Experte bescheinigt.
Für die Steuerzahler ist dieser Finanzschwank aber nur mäßig lustig: Wenn sie Pech haben, begleichen sie die Rechnung des Ausflugs der Linzer Casino-Sozialisten in die Welt der Hochfinanz mit 417,5 Mio. Euro.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2012)