Es herrscht Weltuntergangsstimmung. Die Salzburger haben sich auf blamable Art und Weise vom Europacup verabschiedet. Nicht alle Gründe dafür sind rätselhaft oder wirklich neu.
Am Tag danach herrschte beim Training in Taxham wieder einmal Weltuntergangsstimmung. Die Salzburger haben sich in der Qualifikation zur Champions League bis auf die Knochen blamiert, sie wurden von einem Gegner eliminiert, der sich bestenfalls aus Halbprofis zusammensetzt. Zu verdauen gilt es die größte Blamage in der heimischen Europacup-Geschichte, das Aus in der zweiten Qualifikationsphase hat Färöer-Dimension. Die Bruchlandung löste auch in der Schweiz und in Deutschland Spott aus, der Imageschaden ist enorm. Obendrein droht Österreich in der Fünfjahreswertung der Uefa wieder ein Rückfall, in der übernächsten Saison werden die internationalen Startplätze wieder rarer gesät sein.
Österreichs Ligakrösus ist wieder einmal auf dem Boden der Realität gelandet. Was hierzulande für den Meistertitel oder zuletzt sogar für das Double reicht, das hat für den Europacup offenbar wenig zu bedeuten. Die Mannschaft hat sich in den vergangenen Jahren nicht weiterentwickelt, sie ist sogar mit Sicherheit schwächer geworden. Die Schere geht unaufhaltsam auf, jetzt reicht es nicht einmal mehr dazu, eine Auswahl wie F 91 Düdelingen in Zaum zu halten. Der 4:3-Sieg nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel grenzt beinahe schon an eine sportliche Bankrotterklärung.
Mit Erfolgen in der Bundesliga wollte sich ein Didi Mateschitz, einer der fassungslosen 6600 Zaungäste und Augenzeugen der sporthistorischen Darbietung in Wals-Siezenheim, nie zufriedengeben. Er wollte mit Red Bull in die Champions League, alle Angriffe auf die Königsklasse sind seit 2005 zum Scheitern verurteilt. Auch der sechste Cheftrainer in der Red-Bull-Ära, der Deutsche Roger Schmidt, hat es nicht geschafft. „Mit den Ansprüchen, die Red Bull Salzburg hat, dürfen wir in so einem Vergleich in zwei Spielen nicht ausscheiden“, musste er zerknirscht zugeben. „Letztlich sind wir verdient draußen. Dass ich erst rund vier Wochen mit der Mannschaft arbeiten und meine Vorstellungen von Fußball vermitteln kann, darf dabei keine Entschuldigung sein.“
Am Bild, das die Salzburger allzu oft abgeben, hat sich nichts geändert. Sie wirken wie eine seelenlose Auswahl, manche erinnern eher an Söldner, denen das Vereinsschicksal völlig einerlei ist. Fußball mit Herz wird in der EM-Arena von Wals-Siezenheim viel zu selten geboten, hart durchgegriffen allerdings auch.
Der neue Betreuerstab in Salzburg ist nach dem Rücktritt von Trainer Ricardo Moniz spät installiert worden, an der Spielphilosophie werden fast jährlich Veränderungen vorgenommen, Kontinuität ist ein Fremdwort geworden. Ein Oberdirigent sitzt neuerdings sogar in Paris, um die fußballerischen Entwicklungen in New York, Afrika und Leipzig auch aus der nötigen Distanz betrachten zu können.
Die richtig guten Spieler, die bekommt auch ein Mateschitz nicht in seinen Bullenstall, mit richtig guten Trainern hat es in Salzburg mit der Champions League auch nicht geklappt. Mit einer reinen Legionärs-Elf auch nicht, mit acht Österreichern in der Startformation wie gegen Düdelingen ebenfalls nicht. Vielleicht sollte man es einmal mit Spielern mit Charakter probieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2012)