Linzer Franken-Affäre: Bawag zeigt Bürgermeister an

Linzer FrankenAffaere Bawag zeigt
Linzer FrankenAffaere Bawag zeigt
  • Drucken

Nach Ansicht der Bawag soll Bürgermeister Dobusch durch Untätigkeit den Schaden bei der Zins- und Währungswette auf ein „dramatisches Ausmaß“ vergrößert haben.

[Wien] Die Stadt Linz ist fest in sozialdemokratischer Hand. Seit 24 Jahren regiert Bürgermeister Franz Dobusch. Bei den Direktwahlen 2009 kam er auf 58,1 Prozent der Stimmen - doch nun kämpft der 61-Jährige um seinen Ruf. Die Bawag hat nämlich der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übergeben, in der es heißt, Dobusch sei der Hauptverantwortliche für den Schaden, der durch die umstrittene Franken-Spekulation entstand.

Auch der frühere Linzer Ex-Finanzdirektor Werner Penn und Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) werden von der Bawag belastet. Die Rechtsvertreter der Bank stellen bei den Justizbehörden angesichts der "neuen Beweisergebnisse" den Antrag, die Beiträge dieser Personen "strafrechtlich entsprechend" einzuordnen.
Mit anderen Worten: Die Bawag zeigte die drei Vertreter der Stadt Linz an, wobei die Sachverhaltsdarstellung in erster Linie auf Dobusch abzielen dürfte. Denn gegen Mayr und Penn laufen längst Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue. Alle Betroffenen bestreiten die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wer übernimmt Verantwortung?

In der Auseinandersetzung geht es um eine komplizierte Franken-Spekulation (Swap 4175), die 2007 zwischen der Stadt Linz und der Bawag abgeschlossen wurde. Also unter der Führung vom damaligen Bawag-Chef Ewald Nowotny. Im Vorjahr stellten die Oberösterreicher die Zahlungen ein und klagten die Bawag.

Kurz danach forderte die Bank von Linz 417,8 Mio. Euro. Vertreter der Stadt Linz schoben die Verantwortung für das Spekulationsgeschäft auf Penn ab. Dieser soll das Geschäft mit der Bawag im Alleingang abgeschlossen haben. Doch die Bawag möchte mit der Sachverhaltsdarstellung erreichen, dass auch die Verantwortung von Dobusch geklärt wird.

Der Linzer Bürgermeister hatte stets erklärt, erst im März 2010 vom enormen Risiko der Franken-Zinsspekulation erfahren zu haben. Seitdem wollen er und Finanzstadtrat Mayr kämpfen, um den Schaden zu minimieren.
Und genau bei diesem Punkt hakt die Bawag nun ein: Denn im März 2010, als sich Dobusch eingemischt haben soll, hätte der Ausstieg aus der Transaktion nur 90 Mio. Euro gekostet.

Doch Dobusch sei untätig geblieben, daher habe sich der Schaden auf das „heutige, dramatische Ausmaß" vergrößert. Die Rede von bis zu 417,8 Millionen Euro. "Nicht das Geschäft war derart gefährlich, sondern die Art, wie die Stadt Linz damit verfahren ist", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Die Stadt habe den Schaden sehendes Auges laufend ansteigen lassen. "Diese Untätigkeit beziehungsweise Lähmung der Stadt Linz" würde sich bis ins Jahr 2012 ziehen.

Justiz wartet auf ein Gutachten

Die Bawag will sich zu der Anzeige, die der "Presse" vorliegt, nicht äußern. Bei der Staatsanwaltschaft Linz ist die Sachverhaltsdarstellung eingelangt. Ein Sprecher sagte, man habe zum Franken-Geschäft beim Sachverständigen Christian Imo ein Gutachten in Auftrag gegeben. Erst nach Vorliegen dieser Expertise werde man über den Fortgang der Ermittlungen entscheiden.
Dobusch ist derzeit auf Urlaub. In seinem Büro verweist man auf den Rechtsberater der Stadt, Meinhard Lukas, den Dekan der juridischen Fakultät der Linzer Uni. Für ihn ist die Bawag-Anzeige ein „Ablenkungsmanöver". Die Korruptionsstaatsanwaltschaft habe ähnliche Ermittlungen bereits eingestellt. Laut Lukas habe die Bawag der Stadt beim Abschluss des Swaps wichtige Informationen vorenthalten. Er verweist auf ein Urteil in Deutschland, demzufolge sich die Kommunen durchgesetzt haben.

Gibt es eine Mediation?

Beide Parteien sind sich nicht einmal über die Höhe des Schadens wirklich einig. Die Linzer stellen die Bawag-Forderung von 417,8 Mio. Euro in Frage. Denn vor der Auflösung soll der Marktwert des Swaps bei 345 Mio. Euro gelegen sein. Doch die Bawag betont, dass sie auch die zusätzlichen Kosten für die vorzeitige Beendigung geltend machen müsse.

Noch bevor der Prozess so richtig begonnen hat, regte das Handelsgericht Wien eine Mediation an. Derzeit verhandeln Bawag und Linz, ob und zu welchen Bedingungen eine Mediation möglich ist. Das Problem von Dobusch ist, dass er für jeden Vergleich im Gemeinderat eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht. Dazu ist die Zustimmung der Grünen und der Freiheitlichen notwendig. Denn die ÖVP legt sich quer.

Je länger der Konflikt dauert, desto teurer wird es. Denn laut Bawag fallen pro Jahr acht Prozent Zinsen an, was die Linzer allerdings bestreiten. Scheitert die Mediation und wird das Verfahren durch alle Instanzen durchgezogen, könnte der Prozess fünf Jahre dauern. Das bedeutet, das zu den von der Bawag geforderten 417,8 Mio. Euro noch Zinsen von bis zu 167 Mio. Euro hinzu kommen könnten. Das würde fast dem gesamten Linzer Jahresbudget 2011 von 622 Mio. Euro entsprechen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wenn CasinoSozialisten oeGBBank wetten
Österreich

Wenn Casino-Sozialisten mit der ÖGB-Bank wetten

Die Bawag habe die „dumm und überheblich“ agierende Stadt Linz bei Zins- und Währungswette „über den Tisch gezogen“, sagt ein Experte.
Linzer FrankenAffaere Stadt ueber
Österreich

Linzer Finanzflop: "Stadt wurde über Tisch gezogen"

Ein 2007 abgeschlossener Zins-Swap mit der Bawag lief aus dem Ruder. Die Stadt habe "dumm und überheblich agiert", sagt nun ein Gutachter.
PK BAWAG PSK: 'JAHRESABSCHLUSS 2011' / BYRON HAYNES
Österreich

Linzer Franken-Affäre: Bawag zu Mediation bereit

Bawag-Chef Haynes ist "frustriert" über die Länge des Rechtsstreits. Hinter den Kulissen werde aber schon über Vergleichsverhandlungen gesprochen.
THEMENBILD BAWAG
Geld & Finanzen

Bawag mit geringerem Gewinn vor Steuern

Der Nettogewinn ist jedoch dank latenter Steuern um über 23 Prozent gestiegen. Der Jahresausblick fällt vorsichtig aus.
Linz bei Nacht - Linz by night
Österreich

Linzer Franken-Affäre: Bawag kündigt Swap-Vertrag auf

Laut der Stadt Linz ist das verlustreiche Geschäft mit der Bawag rechtsunwirksam - die Bank ist da anderer Meinung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.