Die Europäer verzichten auf Kaffee

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Starbucks, der weltgrößte Kaffeeverkäufer, expandiert in den USA und in Asien. In Europa läuft das Geschäft nicht rund. Schuld sei die Eurokrise, meint der Firmenchef.

Wien. Starbucks ist Howard Schultz und Howard Schultz ist Starbucks. 1983 eröffnete der gebürtige New Yorker eine Handvoll kleiner Espressobars in Seattle. Der Rest ist ein Stück Wirtschaftsgeschichte: Heute ist Starbucks die weltgrößte Kaffeehauskette mit mehr als 120.000 Mitarbeitern. Nahezu euphorisch präsentierte der Ex-Footballstar der North Michigan University über viele Jahre eine Erfolgsbilanz nach der anderen.

Donnerstagabend jedoch, bei einer Telefonkonferenz zur Quartalsbilanz, klang Schultz' Stimme besorgt, nahezu ein wenig brüchig: Von einer „großen Herausforderung“ sprach der Firmenchef, von einer Veränderung des Konsumverhaltens, die „Grund zur Sorge“ sei. Das treffe vor allem auf Europa zu, erklärte der 59-Jährige und fügte hinzu: „Die wirtschaftliche Lage wird sich möglicherweise noch verschlechtern.“

Weltweit erzielte Starbucks im abgelaufenen Quartal einen Umsatz von 3,3 Mrd. Dollar (2,7 Mrd. Euro). Das ist ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zur Vergleichsperiode des Vorjahres. Der Gewinn erhöhte sich um ein Fünftel auf 333 Mio. Dollar. Damit verfehlte Starbucks die Erwartungen der Analysten nur geringfügig. Trotzdem brach der Aktienkurs des Konzerns am Freitag um mehr als zehn Prozent ein.

Das Problem ist Europa, jene Region, in der Starbucks zwar nur ein Zehntel seiner 17.000 Filialen betreibt, in die das Unternehmen aber große Hoffnung setzte, um seinen Expansionskurs fortzusetzen. Hier halbierte sich der operative Gewinn auf 2,6 Mio. Dollar, die Umsatzrendite beträgt weniger als ein Prozent. Der Vergleichswert in Amerika liegt bei 20 Prozent.

Starbucks sperrt Filialen in Europa zu

Die dramatische Verschlechterung des Ergebnisses in Europa könnte schon im vierten Quartal (Starbucks' Geschäftsjahr endet per Ende September) zu einem operativen Verlust in der Region führen, deutete Schultz an. Als Folge werde der Konzern schnellstmöglich unprofitable Filialen in der Eurozone schließen. Wo das der Fall ist und um wie viele Geschäfte es sich handelt, will der Firmenchef nicht verraten. In Österreich betreibt der Kaffeeverkäufer zwölf Geschäfte, in Deutschland knapp 200.

Die Gretchenfrage ist freilich, ob tatsächlich die Eurokrise Schuld an der Entwicklung trägt, oder ob das Konzept des relativ teuren Kaffees zum Mitnehmen für Europa einfach nicht geeignet ist. Schultz ist von Ersterem überzeugt und beruft sich auf die bisherige Unternehmensgeschichte. Seit dem Markteintritt auf dem „alten“ Kontinent erhöhte Starbucks seinen Marktanteil und den Umsatz stetig – mit Ausnahme des Jahres 2009, als die Weltwirtschaftskrise dem Unternehmen nicht nur in Europa zu schaffen machte.

Ein völliger Rückzug aus Europa kommt für den Kaffeehausbetreiber jedenfalls nicht infrage. Doch dass die Wachstumsziele verfehlt wurden, zeigt sich am Beispiel Österreich: Als die US-Firma zu Beginn des Jahrtausends den Schritt in die Alpenrepublik mit großer Kaffeehaustradition wagte, war von einer Neueröffnung pro Monat die Rede. Ende vergangenen Jahres erlegte sich Starbucks ein neues Ziel auf: Langfristig bis zu 25 Standorte, also in etwa eine Verdoppelung.

Die Zukunft für Starbucks scheint demnach in Amerika und Asien zu liegen. Knapp 1000 Filialen will Schultz im heurigen Geschäftsjahr in Nord- und Südamerika eröffnen, ein „paar hundert“ Standorte in der Region „Asien und Pazifik“. In China betreibt die US-Firma bereits jetzt 280 Verkaufsstellen – mehr als in jedem anderen Land, in dem Englisch nicht die Muttersprache ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2012)

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