Facebook macht sich keine Freunde

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955 Millionen Mitglieder und kein Gewinn. Facebooks erste Quartalsbilanz nach dem Börsengang ist tiefrot. Die Probleme im mobilen Geschäft bleiben ungelöst.

Wien. In der Nacht auf Freitag musste Mark Zuckerberg zu einer Pflichtübung ausrücken. Statt an neuen Diensten für sein Netzwerk zu feilen, machte der Facebook-Gründer der versammelten Schar an Analysten seine Aufwartung. Grund für die Aufregung waren die ersten Quartalszahlen der Firma seit dem Börsengang im Mai. Es war auch die erste Chance für Zuckerberg, wachsende Zweifel der Investoren am Kurs des Unternehmens zu zerstreuen. Gelungen ist es ihm nicht.

Das digitale Netzwerk wächst – allerdings wächst es langsamer als zuvor. Die Zahl der Nutzer kletterte von 900 auf 955 Millionen weltweit. Viel Geld hat das Unternehmen mit ihnen aber nicht gemacht. Der Umsatz stieg um 32 Prozent auf 1,2 Mrd. US-Dollar. Unterm Strich blieb – wegen der Entlohnung der Mitarbeiter mit Aktien (und damit verbundenen Steuern) – ein Verlust von 157 Mio. Dollar (128 Mio. Euro). Im Vorjahresquartal hatte Facebook noch 240 Mio. Dollar verdient. Die Aktie stürzte um 14,5 Prozent auf ein Rekordtief ab. Wer beim Börsengang zugegriffen hat, ist ein gutes Drittel seines Einsatzes los.

Eine Prognose für das Gesamtjahr wagte Zuckerberg nicht. Zumindest keine Gewinnprognose. Bei den Kosten war er gesprächiger: Die würden im zweiten Halbjahr weiter nach oben gehen. Dabei verbrennt Facebook schon jetzt Geld, wie damals Dotcom-Firmen am Höhepunkt der Blase zur Jahrtausendwende. Zwischen April und Juni haben sich die Ausgaben auf 413 Mio. Dollar mehr als verdreifacht. Allein die Marketingkosten stiegen auf 392 Mio. Dollar.

Gebracht hat das relativ wenig. Immerhin konnte Facebook seine Nutzer dazu bewegen, ein wenig länger auf der Seite zu verweilen. Sechseinhalb Stunden verbringen die Mitglieder mittlerweile jeden Monat auf Facebook, schätzt ComScore – und verlängern damit die Zeitspanne, in der Zuckerberg sie mit Werbung bombardieren und so Geld verdienen kann. 84 Prozent des Umsatzes macht Facebook mit Anzeigen, die neben den Statusmeldungen der Mitglieder erscheinen.

„Ein Facebook-Telefon macht keinen Sinn“

Die Marketingabteilungen vieler Konzerne sind zwar begeistert, der Erfolg dieser Online-Kampagnen wird allerdings vermehrt bezweifelt. Von tausend Menschen, die eine Anzeige auf Facebook sehen, klicken gerade einmal vier darauf, errechnete TBG Digital. Tendenz fallend. Facebook lässt das offenbar kalt. „Wir sind gut aufgestellt beim Buhlen um Werbegelder“, sagte die fürs Tagesgeschäft zuständige Managerin Sheryl Sandberg. Facebook durchlebe eine ähnliche Entwicklung wie das Fernsehen. Auch dort brauchte es Zeit, bis sich die Firmen an das neue Medium gewöhnt hatten. Noch müsse man vielen Unternehmen „beibringen, wie man auf Facebook richtig Werbung macht“.

Den zweiten Haken mit den Werbeeinnahmen konnte das Management allerdings nicht wegreden: Mehr als die Hälfte der Facebook-Nutzer greifen nicht über den Computer zu Hause, sondern über Smartphones auf die Seite zu. Dort macht das Unternehmen aber kaum Werbung. Erst seit dem Februar gibt es sogenannte „Sponsored Stories“, die es Unternehmen erlauben, den Freunden eines Nutzers mitzuteilen, wenn dieser die Seite der Firma „liked“. Jeden Tag bringe das Facebook eine Mio. Dollar ein, sagte Sandberg. Die Hälfte davon mobil. Mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein ist das nicht.

Spekulationen, wonach Facebook 2013 mit HTC ein Smartphone auf den Markt bringen könnte, zerstreute Zuckerberg: Ein eigenes Telefon zu bauen mache „nicht viel Sinn“. Was freilich nicht ausschließt, dass der taiwanesische Hersteller ein Gerät für Facebook bauen könnte. Doch so genau wollte der Firmengründer sich dann doch nicht erklären. Seine Geduld mit den Bankern war ohnedies rasch am Ende: „Ich habe nicht wirklich irgendwelche Pläne, die ich mit euch teilen werde“, ließ er sie noch wissen. Viele Freunde hat er an der Wall Street damit wohl nicht gewonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2012)

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