Rumänien: Basescus letztes Aufbäumen

Rumaenien Basescus letztes Aufbaeumen
Rumaenien Basescus letztes Aufbaeumen(c) REUTERS (BOGDAN CRISTEL)
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Sollte der einstige Kommunist und Schiffskapitän Traian Basescu am Sonntag tatsächlich das Steuerrad aus der Hand geben müssen, ist mit einer Abschwächung von Rumäniens Sparkurs zu rechnen.

Eine unangenehme, trockene Dauerhitze liegt über Rumäniens Hauptstadt. Der Asphalt von Bukarests Straßen schmilzt unter den Schuhen der Passanten – und in der Politik liegen die Nerven blank. Denn der Machtkampf zwischen Premier Victor Ponta und Präsident Traian Basescu hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Für den früheren Schiffskapitän Basescu ist es eng geworden. Ehe er seine zweite Amtszeit als Staatsoberhaupt vollenden und damit als liberaler Reformer Rumäniens in die Geschichte eingehen konnte, leitete die linksliberale Parlamentsmehrheit Anfang des Monats ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein. Am heutigen Sonntag entscheiden die Rumänen in einem Referendum über das Schicksal ihres Staatschefs. Die Sozialdemokraten um Premier Ponta und ihre Verbündeten der Sozialliberalen Union werfen Basescu „Verstöße gegen die Verfassung“ vor. Sie machen ihn auch dafür verantwortlich, mit seinen Sparmaßnahmen zur „Verarmung der Bevölkerung“ beigetragen zu haben. Um Basescu auszubooten, setzte Ponta auf juristisch fragwürdige Methoden.

Die Umfragen sehen für Basescu düster aus. Nur noch ein verfehltes Quorum könnte ihn retten, denn der Volksentscheid ist nur dann gültig, wenn mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten teilnimmt. Sollte die Fünfzig-Prozent-Hürde nicht erreicht werden, darf Basescu zwar in sein Amt zurückkehren, sein Ansehen wäre jedoch stark beschädigt.

Reformer oder Teil des Systems? Doch wer ist der Mann, der schon seit Beginn seiner Amtszeit die rumänische Gesellschaft polarisierte wie kaum ein anderer nach der Wende? „Traian Basescu präsentiert sich heute als Kämpfer gegen das staatssozialistische Erbe. Seine Biografie zeigt aber eher das Bild eines Systemmenschen, der sich wie die meisten Rumänen immer angepasst hat. Das ist auch einer der Gründe, warum er überhaupt gewählt wurde“, sagt der Politologe Daniel Barbu von der Bukarester Universität.

Kapitän der Handelsflotte. Basescu entstammt einer Offiziersfamilie und wurde 1951 in der Nähe des Schwarzmeerhafens Constanţa geboren. Dort besuchte er die Marineschule. Er trat der Kommunistischen Partei bei – nicht aus Überzeugung, sondern „um seine Karrierechancen zu erhöhen“, wie er später erklärte. Tatsächlich wurde er bereits in den frühen 1980er-Jahren Kapitän bei Navrom, dem staatlichen Unternehmen, das die Handelsflotte Rumäniens verwaltete.

Gegner werfen Basescu vor, Kollaborateur oder sogar Offizier der damaligen kommunistischen Geheimpolizei Securitate gewesen zu sein, was dieser freilich bestreitet. In den Archiven wurden dazu keine Akten gefunden, aber die Tatsache, dass er kurz vor der Wende als Navrom-Büroleiter in Antwerpen, also im „kapitalistischen Ausland“ arbeiten durfte, macht ihn verdächtig. „Letztlich befand sich der damalige Außenhandel, eine Quelle der begehrten Devisen, stets unter strikter Kontrolle der Securitate“, stellt etwa der Historiker Lucian Boia fest.

In den turbulenten Jahren nach 1989 wurde Basescu erst Verkehrsminister, dann Abgeordneter für die damalige Demokratische Partei (PD), eine reformistische Gruppierung, die sich von der postkommunistischen Rettungsfront um den früheren Präsidenten Ion Iliescu abgesplittert hatte. Bis in die frühen Nullerjahre gehörte die PD zur Sozialistischen Internationale und zur europäischen Sozialdemokratie, auch wenn ihr Programm schon damals eher rechtsliberal war.

Als Oberbürgermeister von Bukarest bleibt Basescu vor allem mit seinem Macher-Image in Erinnerung – und mit seinem Teilerfolg bei dem Versuch, die zahlreichen aggressiven Straßenhunde loszuwerden. Kurz vor den Wahlen 2004 änderte er mit seiner ganzen Partei die offizielle politische Ausrichtung und trat der Europäischen Volkspartei bei. Mit einem winzigen Vorsprung besiegte er seinen Erzfeind, den Sozialdemokraten Adrian Nastase, und wurde Staatspräsident. Während seiner ersten Amtszeit präsentierte er sich als Kämpfer gegen Korruption und Verfechter einer klassischen liberalen Wirtschaftspolitik.

Sparprogramm gegen die Krise. Nach der Wiederwahl 2009 sah sich Basescu mit den dramatischen Folgen der Wirtschaftskrise konfrontiert. Es folgten drastische Sparmaßnahmen, die viele Rumänen verärgerten. Schuld an seinem Absturz in der Wählergunst sind aber auch Korruptionsskandale, in die diverse Mitglieder seiner Liberaldemokratischen Partei verwickelt sind.

Sollte der einstige Kapitän am Sonntag tatsächlich das Steuerrad aus der Hand geben müssen, ist mit einer Abschwächung von Rumäniens Sparkurs zu rechnen. Doch eine radikale Kehrtwende dürfte es wohl nicht geben. Ponta beteuert jedenfalls, dass auch er die Auflagen der Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds und der EU einhalten werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2012)

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