Frankreich und Italien für Rettungsschirm ohne Limit

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Wichtige Euro-Länder und führende EZB-Mitglieder fordern laut einem Bericht, dass der ESM auf Kredite der Zentralbank unbegrenzt zugreifen kann. So könnte der Fonds in großem Stil Staatsanleihen von Krisenländern kaufen.

In der Eurozone gewinnen laut einem Medienbericht Überlegungen an Gewicht, die Mittel des künftigen Euro-Rettungsfonds ESM deutlich zu vergrößern. Dem ESM solle Zugriff auf Kredite bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ohne jedes Limit gewährt werden, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf EU- und Eurozonen-Vertreter. Zu den Befürwortern zählen demnach wichtige Eurostaaten wie Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rats.

Frankreichs Präsident Francois Hollande empfängt am heutigen Dienstag in Paris den italienischen Regierungschef Mario Monti. Dieser sagte vor seiner Abreise zu "RadioRai": "Man sieht endlich das Ende des Tunnels. (...) Die einzelnen Regierungen sind jetzt stärker bereit, ihren Teil zu leisten und ihre Hausaufgaben zu machen". Ob damit auch Deutschland gemeint ist? Der Druck auf die größte Volkswirtschaft der Eurozone steigt jedenfalls von Tag zu Tag. Zuletzt meldete sich auch US-Finanzminister Timothy Geithner zu Wort. Er erwartet sich kühnere Schritte zur Lösung der Krise. Die Regierung lehnt aber so weitreichende Maßnahmen wie den unbegrenzten ESM ab - genauso wie die Bundesbank, die eine zu hohe Inflation befürchtet.

Anleihenkauf in großem Stil

Die Idee hinter dem neuen Vorschlag: Ein Rettungsschirm ohne Limit soll Länder wie Spanien und Italien unterstützen, indem er in großem Stil Anleihen dieser Staaten kauft. Durch künstlich geschaffene Nachfrage könnten so die Zinsen für Investoren wieder auf ein erträgliches Niveau gedrückt werden. Der ESM dürfte die gekauften Anleihen bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen, im Gegenzug erhielte er frisches Geld, das er erneut zur Unterstützung wankender Euro-Staaten einsetzen könnte.

Ähnliche Überlegungen sind spätestens seit Dezember bekannt. Es sei aber "niemals konkret darüber geredet" worden, zitiert die "SZ" einen hohen EU-Diplomaten. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre, in denen ständig aufs Neue an der Ausstattung der Fonds gezweifelt worden sei, hätten Experten und Politiker jetzt aber beschlossen zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen "der Fonds einen direkten Zugriff auf die Europäische Zentralbank erhalten sollte". Für Ex-EZB-Chefökonom Jürgen Stark wäre diese Maßnahme jedenfalls ein klarer Verstoß gegen das europäische Recht (mehr dazu ...).

EZB dämpft Erwartungen auf Anleihenkauf

In EZB-Kreisen wurde unterdessen die Erwartung gedämpft, dass der Rat bereits an diesem Donnerstag beschließen könnte, schnell Staatsanleihen von Spanien aufzukaufen. Mehrere Notenbanker sagten der Zeitung "Die Welt", wer einen konkreten Beschluss für sofortige Anleihekäufe erwarte, werde womöglich enttäuscht.

»"Ich will kein Deutschland haben, vor dem man Angst hat, von dem man fürchtet, es könnte sich isolieren"«

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn

Erste Reaktionen auf den Bericht der "Süddeutschen" gibt es bereits: So sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn im ARD-Morgenmagazin, der Rettungsfonds solle "nicht Geld ohne Limit und ohne Bedingungen" bekommen. "Wir müssen ein Instrument entwickeln, das effektiv die Spekulation unterbindet", erklärte er.

Zum Streit mit Deutschland über die finanziellen Lasten der Krise sagte er: Wenn Deutschland denke, ohne den Euro gehe es ihm besser, sei dies "extrem gefährlich". "Deutschland war immer stark, wenn es europäisch war", sagte Asselborn. "Ich will kein Deutschland haben, vor dem man Angst hat, von dem man fürchtet, es könnte sich isolieren", ergänzte er.

Mehrere Ankündigungen der vergangenen Tage haben die Märkte auf einen neuen Rettugsplan hoffen lassen. So erklärten Angela Merkel und Francois Hollande, dass sie "alles tun werden", um die Eurozone zu rette (mehr dazu ...). EZB-Chef Mario Draghi sorgte mit ähnlichen Aussagen für Schlagzeilen (mehr dazu ...). Und auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude meldete sich mit einem dramatischen Appell zu Wort: Der Zerfall der Eurozone drohe, man müsse jetzt "alle verfügbaren Mittel" anwenden (mehr dazu ...).

(APA/AFP/Red. )

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